Dienstag, 2. Dezember 2014

32. Kapitel



Wurdet Ihr nicht durchsucht bevor Ihr meinen Theosaal betreten habt?!“
Naja, ich hatte vielleicht vergessen diese ganz spezielle Tasche zu leeren. Und die Wachmänner hatten sich vielleicht nicht getraut meine Brusttasche abzutasten.
„Ähm, das ist Fluffles“, brachte ich nur zur Erklärung heraus.
Nicht nur der Könling und sämtliche Mitglieder seiner Garde sahen mich an als wäre ich der Teufel in Person, sondern auch Blue. Er war sogar einen Schritt zurückgewichen.
„Seit wann hast du das Vieh schon?“, fragte er ungläubig.
„Das ist kein Vieh, das ist Fluffles“, herrschte ich ihn an. „Das ist das Bunny, das du in der schwingenden Stadt k.o. geschlagen hast. Ich konnte es doch nicht einfach da liegen lassen! Ohne mein Eingreifen wäre es gestorben!“
„Die Viecher können nicht sterben!“, meinte Blue. „Wann kapierst du das endlich?“
„Können sie wohl! Du hast Lurz doch gehört! Einige verblassen schneller als andere. Der hier hätte ohne mich keine Tag mehr überlebt!“, korrigierte ich ihn.
„Das wäre vielleicht ganz gut gewesen!“, schrie Blue mich an. „Dann wäre es jetzt ein verdammtes Bunny weniger!“
„Das ist aber nicht irgendein Bunny!“, schrie ich zurück. „Das ist MEIN Bunny! Das Bunny, dessen Geschichte ich im November schreiben werde!“
Blue hatte bereits Luft geholt und mir eine Erwiderung entgegenzuschreien, als sich der Könling erhob. „RUHE IN MEINEM THEOSAAL!“, brüllte er.
Ich zuckte zusammen und auch Blue klappte seinen Mund zu. Der Könling wäre eine beeindruckende Erscheinung gewesen, wenn nicht seine Krone verrutscht gewesen wäre und ihm über das rechte Ohr hängen würde.
„Dieses Plotbunny… heißt Fluffles?“ Die Stimme des Könlings zitterte ein wenig und er klang mehr verdutzt als wütend. Das sah ich mal als gutes Zeichen.
„Ja, eure Majestät.“
„Und es tut nichts?“
„Außer Schlafen und Wortsalat futtern nicht, nein.“ Bei der Erwähnung des Wortsalats zuckte es in seinem Gesicht, also fühlte ich mich genötigt hinzuzufügen „Aber den Wortsalat fabriziere ich selbst und es frisst nur den.“
Der ganze Theosaal hielt den Atem an. Sogar Fluffles hörte auf sich zu putzen und sah den Könling mit schiefgelegtem Kopf und riesigen Augen an.
„Und es bleibt nur in deiner Tasche?“
„Ja, eure Majestät.“
„Dann…“ Er schluckte. „Dann darf es bleiben. Aber wenn ich es nur einziges einmal im Schloss herumhoppeln sehe, wird es rausgeworfen!“
„Ja, eure Majestät. Was war nochmal das Problem, das Ihr habt, eure Majestät?“
Jetzt war ich besser noch höflicher als vorher, sonst wurde Fluffles mir doch noch weggenommen werden – oder ich mit ihm zusammen rausgeschmissen, denn mein Bunny aufgeben würde ich bestimmt nicht. Nicht ohne einen Kampf zumindest. Vielleicht war es doch gut, dass sie mir mein dreiklinkiges Messer weggenommen hatten.
„Mein Problem. Natürlich“, murmelte der Könling. Er nahm wieder auf seinem Thron Platz, richtete seine Krone und räusperte sich. „Mein Problem ist, dass mich jemand umbringen will. Wenn ihr herausfindet wer und ihn aufhaltet, bekommt ihr euren Besuch in der Schatzkammer.“
Er versuchte Augenkontakt mit mir zu halten, doch sein Blick huschte immer wieder zu Fluffles, das gerade ausgiebig gähnte und sich wieder in meiner Tasche zusammenrollte. Das war ja was. Seine Paranoia war vielleicht gar keine Paranoia, sondern einfach eine Mischung aus Vorsicht und Furcht. Dann wiederum war das auch nichts anderes als Paranoia, nur dass diese hier begründet zu sein schien.
„Einverstanden, eure Majestät. Dazu müssten wir wissen was bisher passiert ist. Das könnte uns Hinweise geben mit wem oder was wir es zu tun haben, eure Hoheit.“
Mist! Jetzt brauchten wir Phoenix. Immerhin war sie hier die Krimiautorin, wie sie uns erzählt hatte. Ich war im Fantasybereich einzuordnen und Blue ebenfalls. Aber versuchen mussten wir es wohl, denn Phoenix war in der Horrorgegend.
„Selbstverständlich“, sagte der Könling. „Nun, beim ersten Versuch vor etwa einer Woche wurde mir Gift ins Essen gemischt. Das würde glücklicherweise bemerkt, weil die Katze der Köchin versehentlich einen Bissen davon gegessen hat.“ Er rutschte auf seinem Thron hin und her. „Ich schulde ihr jetzt eine neue Katze.“
„Es hat noch mehr Versuche gegeben?“, hakte ich nach.
„Oh ja. Beinah wäre ein Kronleuchter auf mich gefallen als ich vorüberging, vor drei Tagen. Zum Glück hat ein Mann meiner Leidgarde mich zur Seite gestoßen. Er liegt mit gebrochenen Beinen im Krakenhaus in der schwimmenden Stadt, weil der Kronleuchter ihn erwischt hat.“
Memo an mich: nichts anfassen was der Könling bekommen würde und niemals länger als nötig in seiner Nähe sein. Den Begriff „Leidgarde“ ignorierte ich jetzt erstmal.
„Das dritte Mal war gestern, als ich mich für einen Spaziergang nach draußen begeben hatte um das Beet zu inspizieren, das bei einer Plotbunnyattacke zerstört wurde. Dabei wurde auf mich geschossen.“
„Wer wurde getroffen?“, rutschte mir heraus bevor ich mir auf die Zunge beißen konnte.
„Niemand“, meinte der Könling spitz. „Obwohl der Brunnen beschädigt wurde. Ein Stück vom Arm der Figur wurde abgeschossen.“
„Also drei Versuche“, murmelte ich.
Das hörte sich wirklich an als wollte ihn jemand tot sehen. Außerdem war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Täter es erneut versuchen würde, und zwar ziemlich bald.
„Alles klar. Wir werden uns der Sache annehmen und…“
„Bruder!“, rief plötzlich eine Stimme mit theatralischem Unterton und eine Seitentür flog auf. „Ich wurde tatsächlich gebeten mich durchsuchen zu lassen!“, beschwerte sich eine Frau in einem viel zu engen Kleid und mit einer komischen Frisur.
Durch die Tür hinter ihr lugten die Wachen, die bereits versucht hatten mich zu durchsuchen, sowie eine Dienerin, die sie anscheinend nach meinem Rat extra für diese Aufgabe abgestellt hatten.
„Mathilda.“ Das Lächeln des Könlings wirkte gezwungen. „Das sind nun mal die Vorsichtsmaßnahmen, die für alle gelten. Auch für dich, selbst wenn du meine Schwester bist.“
„Aber es ist so demütigend“, stöhnte die Frau und griff sich in gespielter Verzweiflung an den Kopf. „Vor allem, weil das mein neuen Kleider sind! Die haben einige Schnitter extra für mich angefertigt!“
„Frau Gräfin“, grüßte der Wachmann, der ihr am nächsten stand und verbeugte sich knapp.
Die Gräfin lächelte nur hoheitsvoll und strickte ihre schwarzen Haare zurück. Jetzt erst bemerkte ich, dass die Nadel in ihrem Haar keine Haarnadeln, sondern Stricknadeln waren und die Frisur kunstvoll gestrickt war. Die Gräfin tat dies ohne ihre Finger sehen zu können und steckte sich danach die Nadeln wieder in einen dichten Teil ihrer Haare. An ihrem Arm baumelte eine riesige schwarze Tatasche, die ich deshalb erkannte, weil sie in Schreibstadt nur in den teuersten Läden angeboten wurde. In die hatten meine Oma und ich mich nicht einmal hineingewagt als wir am Morgen meiner Ankunft daran vorbeigelaufen waren.
Nun bemerkte sie Blue, mich und Freundschaf. Besonders Freundschaf bekam einen angeekelten Blick ab. „Wer ist das?“, fragte sie mit spitzer Stimme.
„Die Menschen – und das Schaf – die herausfinden werden wer versucht mich umzubringen, meine Liebe“, erklärte er mit einem falschen Lächeln im Gesicht.
„Aha. Und wenn sie es nicht schaffen landen sie im Geföhnnis, ja?“
„Aber nein! Das sind persönliche Freunde von Mr. Ian Woon!“
Der Könling sah ehrlich schockiert von dem Vorschlag aus, was ihn mir sofort wieder sympathischer machte. Ich wollte garantiert nicht in einem Geföhnnis landen, was auch immer das war. Darunter stellte ich mir sofort einen Raum vor, in dem so viel Wind herrschte, dass man ihn unmöglich verlassen konnte. Darauf den kennenzulernen konnte ich verzichten.
„Naja“, meinte die Gräfin. „Mr. Ian Woon ist auch nicht mehr der Jüngste.“
„Was soll das heißen?“ Ein gefährliches Funkeln war in die Augen des Könlings getreten, was auch die Gräfin bemerkt hatte. Sie wurde ein wenig kleiner in ihrem Schnitterkleid. „Er ist immer noch der König des NaNo-Landes.“
„Aber natürlich ist er das“, lächelte sie entschuldigend. „Dann lasse ich dich und deine… Gäste“ Sie rümpfte die Nase „mal in Ruhe. Ich wollte nur sehen wer so wichtig ist, dass du die erste Besprechung seit einer Woche zugelassen hast.“
Sie knickste kurz, einer der Männer hielt ihr die Tür auf und schon war sie aus dem Raum gedackelt. Es herrschte kurz Stille. Dann…
„Meine Schwester“, sagte der Könling fast entschuldigend.
„Kein Problem. Ich habe auch eine“, lächelte ich. Auch wenn meine keine hochnäsige Schnepfe war. Aber das sagte ich lieber nicht laut.
„Du da.“ Der Könling deutete auf den Wachmann, der uns am nächsten stand. „Zeig meinen Gästen alles was sie im Schloss sehen wollen und erklär ihnen alles was sie wissen wollen. Führe sie bitte auf die besten Zimmer.“
Der Wachmann nickte.
„Der Rest der Leidgarde: Folgt mir!“
Der Könling erhob sich und sofort scharte sich seine Leidgarde um ihn. Mit erhabenen Schritten verließ er den Thronsaal. Das einzige, was seinen Abgang ruinierte war der Satz, den wir hörten kurz bevor die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.
„Und bringt mir den Hoftechnikfritzen! Dieses Smartphone macht mich noch wahnsinnig!“

1 Kommentar:

  1. Interessant das Fluffles verschont wird... aber wer kann zu diesen Augen schon nein sagen.

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