Samstag, 2. Dezember 2017

46. Kapitel



Die Welt versank noch immer im Nebel als wir von unseren beiden Lieblingsmitarbeitern des gesunden Menschenversands in Empfang genommen wurden. Die beiden dürften mich erst einmal zur nächsten Toilette weisen, denn gesund war diese Art des Transports für mich immer noch nicht. Immerhin schien es Blue aufgeheitert zu haben.
Mich allerdings nicht, denn ich hatte gerade festgestellt, dass ich mich an keins der Märchen mehr erinnern konnte, die meine Oma mir früher vorgelesen hatte. Auch als ich Freundschaf streichelte kamen nur ein paar Bruchstücke zurück, die gerade noch reichten, um mir zu zeigen wie sehr ich vermisste, was ich vergessen hatte.
„Was machen wir jetzt mit dem Wunder?“, fragte Hannes. „Wir können es nicht benutzen, um die Auswirkungen des Großen Roten Knopfs des Verderbens rückgängig zu machen. Wir können es auch nicht benutzen, um mich zurückzuverwandeln. Wozu brauchen wir es dann?“
Gute Frage, nächste Frage.
Anders als die kranken Wunder, die wir im Kloster gesehen hatten, hatte es einen leicht silbrigen Schimmer an sich. Es sah aus wie ein Kind, nur etwas transparenter und wesentlich kleiner. Es passte genau in die Armbeuge meiner Oma, wo es, ausgestreckt über ihren Unterarm, schlief. Wenn es wach war, waren seine Augen so riesig, dass es immer aussah als würde es dem interessantesten Schauspiel der Welt zusehen. Wenn es schlief war es, nun ja, niedlich. Es tat mir fast leid, dass wir überhaupt darüber nachdachten es für etwas zu verwenden. Ähnlich wie die Plotbunnys, hatten uns die Nonnen erklärt, würde es danach verschwinden. So sei einfach der Lauf der Welt.
„Wir dürfen es nicht verschwenden“, war mein einziger Kommentar dazu.
„Vielleicht sollten wir es dazu benutzen, dass dir beim Nutzen des gesunden Menschenversands nicht mehr übel wird“, schlug Blue grinsend vor.
„Haha. Ich habe doch gerade gesagt wir sollen es nicht verschwenden.“
Polternde Schritte gingen dem Mann voraus, der in die Eingangshalle des gesunden Menschenversands gestürmt kam, die Enden seines Schnurrbarts wippend und mit den Armen rudernd.
„Ihr seid wieder da! Gott sei Dank!“, rief der Pilzeimajor und kam schlitternd vor uns zum Stehen. Sein Kopf war so rot, dass ich mir Sorgen um seinen Bluthochdruck machte. „Da ist ein riesiges Monster im Nebel! Es ist gigantisch und kommt langsam auf uns zu. Ich habe Verstärkung angefordert, aber entweder weinen die Pilzizisten ihren Geschichten hinterher, spielen mit Mietkatzen oder trauen sich nicht an den Ort, wo der Große Rote Knopf des Verderbens aufbewahrt wurde. Bitte…“ Der Schnauzer zitterte wieder, dieses Mal wohl vor Verzweiflung.
„Wir schauen uns das an. Was haben wir schon zu verlieren?“ Blue zuckte mit den Schultern. „Unsere erste Mission haben wir ja in den Sand gesetzt, also…“
Seine Argumentation hatte zwar Schwachstellen, aber darin, dass wir uns das Monster anschauen sollten, ließ sich nicht diskutieren. Instinktiv griff ich nach der Feder um meinen Hals – nur um festzustellen, dass sie nicht warm war. Ich spürte rein gar nichts. Alle Magie war fort.
„Phoenix…“
Sie bemerkte meinen Blick und berührte die Feder leicht mit einer Fingerkuppe. „Büchermagie“, flüsterte sie. „Ohne Geschichten bleibt nicht viel davon übrig.“
Ich versuchte nach der Magie zu greifen und fand, dass vielleicht noch genug da war, um eine kleine Schnittwunde zu heilen. Zu mehr würde ich wohl nie wieder fähig sein.
„Immerhin verliere ich so keine Lebenskraft mehr“, scherzte ich, obwohl ich am liebsten angefangen hätte zu weinen.
„Monster, Nebelschaden…?“, erinnerte uns Blue, der bereits sein Schwert gezogen hatte.
Wie gesagt. Was hatten wir schon zu verlieren?
Der Nebel war dicht wie eh und je, was sich ja bereits an der Haltestelle des gesunden Menschenversands gezeigt hatte. Ein Teil der Landschaft hatte sich allerdings gewaltig verändert. Ein dunkler Fleck im Nebel wurde immer größer. Unförmig wie er war, konnten wir trotzdem erkennen, dass er locker fünfmal so groß war wie das Gebäude, in dem der Große Rote Knopf des Verderbens aufbewahrt worden war. Wenn ich den Nebel mit einrechnete, konnte es locker mehr sein. Ein seltsames Stampfen erklang in regelmäßigen Abständen und der Fleck schwankte hin und her. Ein Monster, allerdings.
„Ja!“, schrie meine Oma.
„Äh… ich wusste nicht, dass du so verzweifelt bist, dass du kein Problem damit hast von einem riesigen Monster getötet zu werden“, merkte ich an.
„Mia, das ist die Wandelnde Bibliothek! Himmelrich hat meine Nachricht bekommen!“
Beim zweiten Blick konnte ich die Umrisse tatsächlich zuordnen. Wenn man genau hinschaute, konnte man die Beine erkennen, die aus dem riesigen Buch herausragten – auch wenn man selbiges noch nicht sehen konnte. Das bedeutete auch, dass ich die Größe gewaltig unterschätzt hatte. Und es bedeutete…
„Hast du etwa einen Plan? Warum hast du ihm geschrieben? Wann hast du ihm geschrieben. Und wie, die Bibliothek verändert doch ständig ihre Position!“
„Ich habe ihm geschrieben als wir in Romantika einen Zwischenstopp eingelegt haben. Und wie ich ihm geschrieben hatte…“ Ihr Grinsen konnte man nur als verschmitzt bezeichnen. „Ich habe ihm eine Kurzgeschichte geschrieben, darüber wie ein paar mutige Wrimos versuchen zu verhindern, dass der Große Rote Knopf des Verderbens gedrückt wird und was das für Konsequenzen haben könnte.“
„Warum?“ Blue starrte immer noch auf den schwarzen Fleck, während der Boden unter uns bebte und die Bibliothek näher kam.
„Ich dachte bei so vielen Büchern in seiner Obhut, sollte ihn jemand vorwarnen, dass alles bald verschwinden könnte. Oder was meint ihr?“
Dass sie überhaupt daran gedacht hatte war genial. „Los, gehen wir hin!“
Das war vermutlich meine Lieblingsstation unseres letzten Abenteuers gewesen. So unendlich viele Bücher… die jetzt alle leer sein würden. Mein Enthusiasmus minderte sich enorm. Aber wer konnte schon wissen was passiert war? Vielleicht hatte die Wandernde Bibliothek ja Schutzmechanismen gegen Flüche. Vielleicht gab es dort einfach zu viele Bücher, als dass der Große Rote Knopf des Verderbens sie alle sofort hatte löschen können.
„Aber ihr könnt doch nicht einfach… das ist ein Monster!“, protestierte der Pilzeimajor.
„Das ist kein Monster, das sind unsere Freunde!“, erklärte Blue. „Und so oder so, entweder können sie uns helfen, oder sie brauchen unsere Hilfe.“
Wie zuvor auch, dauerte es länger die Bibliothek zu erreichen, als wir gedacht hatten. Die sah von Weitem einfach kleiner aus als sie war. Was wir auch nicht bedacht hatten, war das Problem mit den Treppen und der Strickleiter. Der Anfang der Treppenstufen war so weit über der Erde, dass wir keine Möglichkeit hatten sie zu erreichen. Die Strickleiter baumelte zwar bis auf den Boden, aber für Oma würde es schwierig werden sie hochzuklettern und für Freundschaf sogar unmöglich.
„HUHU!!!“, rief eine Stimme von oben. „Seid ihr das??? Martha??? Mia??? Blue, Hannes und Freundschaf???“
„Himmelrich!“ Durch den Nebel war es schwer ihn auszumachen, aber ich erkannte eine winkende Gestalt auf dem letzten Treppenabsatz und die Stimme kam mir sehr bekannt vor.
„Ich habe einen Fahrstuhl gebaut, da am anderen Ende! Ich dachte mir die nächsten Besucher sollten es etwas leichter haben hochzukommen, also…!!!“
Die winzige Gestalt gestikulierte zum anderen Ende der Treppe, wo sich eine seltsame Konstruktion aus dem Nebel schälte. Ein ganzer Wald von Seilen hing bis auf den Boden und weiter oben schwebte ein Kasten. Klar, dass er nicht einfach einen normalen Fahrstuhl bauen konnte. Sollte die Bibliothek jemals über einen Hügel laufen (oder um einen herum, ein Bein auf der einen, das andere auf der anderen Seite. Hey, sie war groß genug), bestand die Gefahr, dass der Fahrstuhl am Boden zerschellte.
„Einfach am roten Seil ziehen und dann kommt er bis auf eure Höhe!!!“, schrie Himmelrich. Wenn der morgen nicht heiser war…
Die Konstruktion sah immer noch nicht vertrauenerweckend aus, selbst als Blue sie mit einem beherzten Zug am roten Seil nach unten gerufen hatte. Es war mehr ein Bretterverschlag als ein Fahrstuhl.
„Mäh“, machte Freundschaf und stellte sich als erstes hinein.
Vermutlich erinnerte es sich noch daran wie es das letzte Mal auf die Treppe gekommen war. Ich konnte ihm keine Vorwürfe machen, dass es den Fahrstuhl bevorzugte. Allein die Tatsache, dass wir ohne Treppensteigen direkt bis zur Eingangstür der Wandernden Bibliothek kamen, war eine definitive Verbesserung. Das letzte Mal hatte es damit geendet, dass Blue meine Oma getragen hatte. Ich fand die Zeit ziemlich langseilig, was wohl daran lag, dass es wirklich ein verdammt langes Seil und ein verdammt langer Weg bis nach oben waren.
Himmelrich erwartete uns bereits am obersten Treppenabsatz, um den Fahrstuhl abzuschalten, sobald wir angekommen waren.
„Hallo!“, sagte er, endlich in normaler Lautstärke. „Wie findet ihr die Strichleiter? Die Treppe war irgendwie nicht so praktisch. Also habe ich eine Leiter gedruckt. Gut, oder?“
„Gedruckt?“
„Naja, aus Buchstaben zusammengebaut. Aber irgendwie fängt sie an nicht mehr zu funktionieren. Genau deshalb wollte ich mich euch reden. Hier läuft gerade so Einiges schief“, fuhr er fort.
Jetzt wo er es sagte… die Wandernde Bibliothek war wirklich etwas anders als vorher. Sie schien sich wesentlich langsamer zu bewegen und die Beine wirkten irgendwie schwerfälliger, als würden sie es kaum schaffen einen Schritt vor den anderen zu tun. Die geheimnisvolle, mit Buchmagie durchdrungene Aura vom letzten Mal hatte ebenfalls gelitten. Irgendetwas fehlte.
„Vermutlich sind es die Geschichten. An einem Ort, wo so viele davon zusammenlaufen – eigentlich alle, die es gibt – muss es die schlimmsten Auswirkungen haben“, mutmaßte Phoenix. Sie hatte die Bibliothek zwar noch nie gesehen, aber wir hatten ihr lang und breit davon berichtet. „Immerhin scheint der Verfall langsamer vonstatten zu gehen als im Rest des NaNo-Landes.“
Und bei mir. Nicht einmal an die einfachsten Märchen konnte ich mich noch erinnern. Ich wusste zwar, dass Hannes aus einem stammte, aber der Name war mir noch nicht wieder eingefallen. Wie es endete wusste ich nicht, wie es anfing auch nicht. Irgendwann würde er für mich vielleicht einfach ein seltsamer Frosch sein. Und momentan sah es so aus als könnten wir dagegen nichts tun.
„Wie hast du davon erfahren, dass der Große Rote Knopf des Verderbens gedrückt wird?“ Blue betrachtete Himmelrich mit einem beinahe misstrauischen Blick.
„Marga hat mir geschrieben.“ Er schenkte ihr ein trauriges Lächeln. „Eine der Federn hat Bescheid gegeben, als eine Kurzgeschichte, die sie aufgeschrieben hat, direkt an mich und Mathilda adressiert war. Darin hat sie den ersten Teil eurer Abenteuer grob beschrieben. Wir waren immer auf dem neusten Stand.“
„Oma! Bist du die neue Steph oder was?“ Die hatte sich übrigens auch lange nicht mehr gemeldet. Hatte sie uns schon vergessen?
„Das ist eher eine Biographie als ein Buch, würde ich sagen. Ich schreibe ja nur was wirklich passiert ist“, meinte sie.
„Und was bringt uns das jetzt?“, warf Blue ein. „Wir sind gerade rechtzeitig hier, um zuzusehen wie die Wandernde Bibliothek auseinanderfällt.“
„Marga sieht aus als hätte sie einen Plan.“ Hannes starrte sie von meiner Schulter aus an.
„Weniger ein Plan als mehr eine Idee“, gestand sie.
„Und die wäre?“ Selbst Phoenix sah neugierig aus.
„Hier gibt es doch den Schreibtsich, der recht schnell Bücher schreiben kann. Falls wir die irgendwie dazu bringen könnten die Geschichten neu zu schreiben…“
„Aber die haben sie sicher auch vergessen!“, warf Blue ein. „Jeder hat das! Ganz zu schweigen davon, dass es ewig dauern würde; wir reden hier von allen Geschichten, die jemals geschrieben wurden!“
Da musste ich ihm leider Recht geben. Wir bräuchten schon ein Wunder, um… „Das Wunder!“
Alle drehten sich zu mir um und starrten mich an.
„Wir nehmen das Wunder, um die Sache zu beschleunigen!“ Das schlummerte mittlerweile übrigens in der Handtasche meiner Oma.
„Aber es erinnert sich niemand an die Geschichten!“ Blue war immer noch nicht überzeugt.
„Mäh“, machte Freundschaf.
„Freundschaf erinnert sich“, bestätigte Oma. „Und mit einem Wunder sollte es zu schaffen sein beides miteinander zu vereinbaren. Der Schreibtsich und Freundschafs Erinnerung an die Geschichten… das könnte funktionieren.“
„Na dann nichts wie hin und es ausprobieren!“ Blue stürzte durch die Eingangstür und kollidierte beinahe mit Mathilda, die wohl hinausgekommen war, um uns zu begrüßen.
„Huh!“, brachte sie nur hervor und ein Stapel Bücher verteilte sich vor unseren Füßen.
„Tut mir leid. Ich…“
Mathilda ignorierte ihn vollständig und deutete stattdessen auf die Bücher. „Himmelrich! Um Gottes Willen, es sind noch welche leer.“ In den zusammengekniffenen Augen hinter der Brille sammelten sich Tränen. „Und ich weiß nicht mal was es für Bücher waren… Tu doch was!“
Sie bewarf ihn mit dem letzten Buch, das sie in der Hand gehalten hatte und schlug dann die Hände vor den Mund. Zärtlich sammelte sie es unter großer Anstrengung auf und strich den Dreck vom Einband.
„Das hatten wir gerade vor“, meinte Himmelrich lächelnd.
„Ehrlich? Na was steht ihr dann hier noch rum? Husch, husch!“ Sie verschwand ins Innere. „Und räumt die Sauerei da draußen auf!“
„Ich weiß wirklich nicht wie der es tausend Jahre lang mit ihr ausgehalten hat“, zischte Blue aus dem Mundwinkel.
„Beeil dich“, meinte Phoenix nur. „Wir haben das NaNo-Land zu retten.“
„Halt!“ Das war Hannes, der in mein Ohr gebrüllt hatte.
„Au!“, beschwerte ich mich.
„Sorry, aber… bevor wir ein Wunder verschwenden… Sollten wir nicht warten bis der Nebelschaden alle Bücher vernichtet hat? Egal wieviele jetzt neu geschrieben werden, sie würden doch sofort wieder verschwinden, oder nicht?“
Das ließ mich tatsächlich innehalten. Der Pilzeimajor hatte etwas Ähnliches gesagt. Oder waren es die Nonnen gewesen? Bei den ganzen Zwischenstationen verlor ich langsam den Überblick – oder das war auch die Wirkung des Großen Roten Knopfs des Verderbens? Mein Kopf tat weh von dem ganzen Chaos.
„Das Problem dabei“, meinte Phoenix, die nachdenklich schaute „ist, dass es genauso gut sein könnte, dass wir bis dahin vergessen haben, was wir tun wollten. Immerhin sind wir auch eine Geschichte.“
So oder so saßen wir ganz schön in der Zwickmühle.
„Und wie würden wir wissen, dass alles gelöscht ist und wir anfangen können es wiederherzustellen? Und würde das Wunder so lange durchhalten, oder hat das auch mit Büchern und Geschichten zu tun und würde verblassen?“ Hannes hatte sich richtig in Rage geredet. „Das ist alles viel zu gefährlich!“
Ich machte gerade meinen Mund auf, um ihn anzubrüllen, da sprach meine Oma aus, was ich dachte. Wenn auch wesentlich höflicher, als ich es getan hätte.
„Und was ist die Alternative?“ Sie sah in die Runde. „Wir benutzen das Wunder jetzt, und was dann? Dann schreiben wir Geschichte über Geschichte auf, und nachdem sie fertig ist, wird sie sofort wieder gelöscht, bis wir die nächste haben?“ Sie schüttelte den Kopf. „Wir würden uns vielleicht daran erinnern, dass es etwas gab, das wir vergessen haben. Vielleicht würde uns ab und zu ein Märchen wieder einfallen. Aber das wäre es dann auch schon. Das ist auch keine Lösung.“
Blue, mit dem Stapel Bücher im Arm, die er aufgesammelt hatte, schüttelte den Kopf. „Nein, ist es nicht. Aber was, wenn Hannes Recht hat? Was, wenn wir alles vergessen?“
„Dann erinnern wir uns immerhin nicht daran, dass wir etwas vergessen haben. Wir würden es nicht einmal vermissen.“ Ich hörte denselben Schmerz in ihrer Stimme, den ich in meiner Brust spürte.
Bei dem Gedanken zog sich in mir alles zusammen. Ich würde nicht einmal wissen, dass ich eine Geschichte geschrieben hatte. Gerade erinnerte ich mich zwar an gar nichts mehr was sie betraf, aber immerhin wusste ich, dass ich es mal geschafft hatte innerhalb eines Monats eine ganze Geschichte zu schreiben.
Andererseits… ich konnte meine Oma verstehen. Wenn ich daran dachte, dass es mir den Rest meines Lebens so gehen würde, dass ich immer vermissen würde, an was ich mich nicht einmal erinnerte… viele Leute würden es nicht aushalten.
„Hast du daran gedacht, wie die anderen Menschen darauf reagieren könnten?“, fragte ich Hannes vorsichtig. „Sich immer so fühlen, als hättest du etwas wichtiges vergessen, ohne zu wissen, was es ist? Und gleichzeitig würdest du wissen, dass du es niemals zurückbekommen kannst.“
„Oh.“ Er sah wo das hinführen würde.
„Ich kann verstehen, dass besonders du Angst hast; immerhin bist du noch mehr Teil einer Geschichte als wir anderen. Aber das ist einfach keine Lösung.“
Der Frosch auf meiner Schulter kniff die Lippen zusammen und seufzte. „Nein, das ist es wohl nicht. Also, was machen wir?“
Alle sahen gebannt zwischen meiner Oma und mir hin und her. Als hätte ich eine Ahnung davon was wir zu tun hatten und wie das alles funktionierte!
„Wir setzen uns in den Raum mit dem Schreibtsich und warten darauf, dass draußen der Nebel verschwindet“, meinte meine Oma nachdenklich. „Und dann hoffen wir, dass wir noch genug von unseren Erinnerungen haben, um zu wissen, was wir tun müssen. Und am besten geht niemand von uns aus dem Zimmer sobald wir uns gesetzt haben.“
„Warum das?“ Hannes schaute sie fragend an.
„Wir wissen immer noch nicht genau wie das mit den Geschichten und Erinnerungen zusammenhängt. Was, wenn einer den Raum verlässt, und die anderen vergessen, dass er zur Gruppe gehört? Was, wenn derjenige vergisst, was er draußen wollte, oder wie er zurückkommt, und irrt alleine durch den Nebelschaden?“
Das machte dann wohl Sinn. Und mir machte es Angst.
„Keine Sorge.“ Meine Oma hatte wohl meinen Gesichtsausdruck bemerkt. „Das wird schon werden.“ 
In dem Satz war mir ein wenig zu viel Hoffnung. Aber hatten wir überhaupt eine andere Wahl?
„Dann wenigstens mit Tee und Keksen“, grummelte Blue. „Ich bin am Verhungern.“

3 Kommentare:

  1. Ich weiß zwar nicht was du da am Ende verlinken wolltest... aber es geht nicht.

    Im Übrigen finde ich es wirklich unheimlich, wenn ich bedenke dass ich all meine Geschichten einfach vergessen könnte... ein bisschen erinnert mich das Szenario gerade an "Die unendliche Geschichte" ^^

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    1. Ich weiß nicht wie der Link da reingekommen ist... da soll keiner sein. Deshalb verlinkt es auch nichts. ^^

      Ja, je mehr ich daran geschrieben und über die Konsequenzen nachgedacht habe, desto gruseliger fand ich das auch.
      Aber dann warte erstmal das nächste Kapitel ab. Da hätte ich fast angefangen zu weinen. Und das soll was heißen. Ich bin gespannt, ob du dir denken kannst an welcher Stelle das war.

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    2. Alles klar... gut zu wissen ^^

      Mmh, jetzt bin ich gespannt... das du anfängst fast zu weinen heißt wirklich was. Gerade bin ich überfragt... aber es ist ja auch schon wieder fast drei Jahre her wo wir uns die Geschichte ausgedacht haben XD

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