Freitag, 1. Dezember 2017

44. Kapitel


Ein Schrei dröhnte mir so laut in den Ohren, dass ich die Hände von Blue und Oma losließ, um stattdessen meine Ohren zu bedecken. Eine Frau schrie erneut, dann hörte ich ein „Mäh“ an meiner Seite und eine Schafsnase stupste mich an.
Vor meinen Augen setzte sich der Raum wieder zusammen. Die Farben verschmolzen zu Menschen und einem Raum, der mir sehr bekannt vorkam. Hier war der Große Rote Knopf des Verderbens aufgestellt gewesen. Hier hatte unsere Mission so richtig begonnen. Und dort hinten rannte die Frau durch eine offene Tür, die wir so schrecklich mit unserem plötzlichen Auftauchen erschreckt hatten. Um fair zu sein würde ich mich vermutlich auch erschrecken, wenn auf einmal eine Gruppe Fremder und an die hundert Schafe direkt vor meinen Augen aus dem Nichts auftauchten.
„Alles in Ordnung?“, fragte meine Oma.
Sie hielt mir einen Arm hin, den ohne Hand, da ihre andere ihren Starb umklammerte. Sie hatte alle Finger. Ein kurzer Blick sagte mir, dass auch ich wieder vollständig war, genau wie Blue, der immer noch mit geschlossenen Augen neben mir kauerte.
„Alles okay. Blue? Du kannst die Augen wieder aufmachen.“
Er bewegte erst ein Augenlid, dann das andere. Dann rappelte er sich auf und streckte Arme und Beine. „Das war gruselig.“
„Die Schafe sind auch alle da.“ Wie Phoenix so schnell hatte zählen können, wusste ich nicht, aber erleichtert war ich trotzdem. „Dann hoffen wir mal unser Schreihals ist zu mehr gut als Krach machen und sagt irgendjemandem Bescheid. Der Knopf ist offensichtlich nicht hier.“
Das Podest war tatsächlich leer. Stimmt. Die ML hatte ja erzählt die Eyebros hätten auch angefangen zu streiken und der Knopf sei in einen Keller oder sowas verlegt worden. Aber jetzt hatten wir die Freundschafe. Blieb nur zu hoffen, dass sie tatsächlich immun waren.
„Oh Gott, oh Gott, oh Gott, ohgottohgottohgottohgott…“
Das hörte sich verdächtig nach unserem Pilzeimajor an. Und da kam er auch schon, mit zitternden Schnurrbartenden voran, durch die Tür gestürmt, durch die die schreiende Frau eben verschwunden war.
Als er die ganzen  Schafe sah, die ihn aus treumütigen Augen anglotzten, rieb er sich erst einmal durch das Gesicht, machte die Augen zu, rieb noch einmal und starrte dann genauso entgeistert in den Raum wie zuvor.
„Wir sind wieder da“, merkte Oma an, als er immer noch kein Wort herausbrachte.
„Oh.“ Endlich entdeckte er uns zwischen den Schafen und bahnte sich einen Weg durch die Wolle. „Oh.“ Sein Schnurrbart zitterte wieder. Der arme Kerl sah aus als würde er gleich in Tränen ausbrechen.
„Und das hier ist die Verwandtschaf von Freundschaf. Wir hoffen die sind auch immun, also können Sie den Großen Roten Knopf des Verderbens holen und wir testen das Ganze“, meinte Oma.
„Oh. Habt ihr es denn noch nicht mitbekommen?“ Der Schnauzer zitterte noch mehr, wie die Nadel eines Seismographen vor dem großen Erdbeben. „Es ist schon zu spät.“
„Wie, zu spät. Was ist zu spät?“ Blue sah sich im Raum um. „Was ist los?“
„Der Knopf wurde schon gedrückt und alle Geschichten wurden gelöscht“, erklärte der Pilzeimajor. Seine Hände zitterten nun genauso stark wie sein Schnurrbart. „Wir hatten ihn im Keller hier versteckt. Man könnte fast schon sagen Kerker. Mit Ketten und Schlössern und allem drum und dran. Aber… es ist eben der Große Rote Knopf des Verderbens und der lässt sich nicht einfach wegsperren. Die Schlüssel wurden gestohlen…“
„Habt ihr denn nicht besser darauf aufgepasst?!“, brüllte Blue und der arme Major zuckte zusammen.
Dummerweise war das diebische Tierchen sehr Fink. Der Fink ist einfach durch einen winzigen Spalt im Fenster geflattert und hat die Schlüssel direkt aus meinem Schreibtisch geklaut. Und dann… hat eine Schuldkröte den Großen Roten Knopf des Verderbens gedrückt.“ Er seufzte schwer.
„… eine Schuldkröte?“
„In diesem Fall ist die Bezeichnung durchaus korrekt. Aber man kann ihr keine Vorwürfe machen. Der Sog des Knopfes ist einfach zu groß. Aber die Konsequenzen…“
„Wir waren gerade erst in Österreich! Als wir dort losge…“ Blue stockte als er daran scheiterte das Transportmittel in Worte zu fassen, das wir gerade benutzt hatten. „…da war noch alles in bester Ordnung!“
Der Pilzeimajor schüttelte den Kopf. „Es ist wie eine Welle. Das Desaster breitet sich von dem Punkt aus, an dem es ausgelöst wurde. Die Nachbarregionen sollten in ein paar Minuten betroffen sein. Aber hier… schaut selbst!“
Er schritt voran und stieß die Doppeltür mit Schwung auf. Alle starrten wir ihm hinterher ohne einen Schritt zu tun.
„Und das war’s jetzt einfach?“, fragte Hannes kleinlaut. „Die ganzen Geschichten sind einfach weg? Und alles, was wir durchgemacht haben, war umsonst?“
„Ich gebe nicht einfach so auf!“ Blue stellte sich etwas gerader hin und ballte seine wieder vorhandenen Fäuste. „Der bildet sich das nur ein. Oder wir können es doch noch stoppen, oder…“
„Mäh“, machte Freundschaf und stupste meine Hand an.
„Ich glaube wir sollten uns erstmal ein Bild von der Lage machen“, murmelte ich und wagte es die paar Schritte hinter dem Direktor her zu gehen.
Als noch alle Leute angestanden hatte, um ihr Glück mit dem Knopf zu versuchen, war mir der Weg länger erschienen. So dauerte es keine Minute bis wir alle draußen standen und in eine dichte Nebelsuppe blickten, die das gesamte Gebäude umwaberte. Ein wenig erinnerte es mich an die milchige Folie, die ich eben noch so lange vor Augen gehabt hatte. Das ließ mich fast mehr schaudern als die plötzliche Kälte, die über allem lag.
„Wo kommt der ganze Nebel her?“ Blue schaute sich zu allen Seiten um.
Es war nicht so, dass man seine Hand vor Augen nicht mehr sah. Vielmehr schien es als würde ein milchiger Schleier über allem liegen, die Umrisse verzerren und alles ein wenig farbloser machen, als es vorher gewesen war. Sogar die lila Robbe meiner Oma sah fast grau und langweilig aus.
„Das ist kein Nebel“, korrigierte der Pilzeimajor uns. „Das sind Nebelschaden. Sie sind aus dem Knopf geströmt sobald er gedrückt wurde. Auch als ich versucht habe ihn wieder zurückzudrücken hat es keinen erkennbaren Unterschied gemacht – nicht, dass ich es lange geschafft hätte dem Drang zu widerstehen danach nochmal auf den Knopf zu drücken.“ Er räusperte sich. „Alles, was sie berührt haben, wird… so.“ Er gestikulierte in die graue Welt. „Wir vermuten er könnte sich lichten, sobald einmal die ganze Welt davon bedeckt war. Aber bis dahin…“ Er seufzte. „Bis dahin sind alle Geschichten verschwunden.“
„Wie genau verschwunden?“
Der einzige, der nicht sprachlos genug war, um das zu fragen, war Hannes.
Der Pilzeimajor winkte uns, ihm wieder nach drinnen zu folgen. Dort schien er wahllos aus einem der Regale ein Buch zu greifen und hielt es uns hin. Ich war die erste, die es in die Hand nahm. Gleich am Anfang fiel mir auf, dass es keinen Titel hatte. Mein Kopf schien zu wissen, dass dort einmal einer auf dem grünen Einband gewesen war, doch ich konnte ihn nicht sehen, mir nicht einmal mehr vorstellen. Als ich das Buch aufschlug, waren die ersten Seiten weiß. Ich blätterte weiter, schneller und schneller. Alles weißer Schnee, nie beschrieben, nie erdacht, nie gewesen.
Ich drückte das mir unbekannte Buch an meine Brust als könnte ich es irgendwie wiederbeleben. Blue hatte die Hand nach einem anderen Buch aus dem Regal ausgestreckt und Oma und Phoenix blätterten in anderen, die Gesichter genauso blank wie die Seiten.
„Sind die alle so?“ Meine Stimmte erkannte nicht einmal ich wieder. Sie klang als hätte sie jemand durch eine Nudelmaschine gedreht, irgendwie platt, tonlos und winzig.
„Ja.“ Das eine Wort des Pilzeimajors war fast ein Schluchzen. „Und niemand erinnert sich mehr an die Geschichten. Ich kann dir nicht einmal mehr sagen wie mein Lieblingsbuch hieß. Ich kann dir nicht einmal sagen worum es ging.“
So vorsichtig wie mit einem Neugeborenen legte ich das Buch mit dem grünen Umschlag zurück ins Regal und schloss sanft den Deckel. Es kam mir vor wie ein Kriegsgefallener. Falls das so weiterging, würden mir Bibliotheken wohl wie Friedhöfe vorkommen.
„Alles weg.“ Meine Oma klang ungläubig und stütze sich auf ihren Starb, der ihr in dieser Situation einmal nicht helfen konnte. „Alles umsonst.“
„Ich kenne meine eigenen Geschichten nicht mehr.“ Blue klang genauso ungläubig. „Selbst die Geschichten, die ich diesen November erst geschrieben habe.“
Als ich in meinem Kopf forschte, bemerkte ich, dass es mir genauso ging. Ich wusste nicht, welche Geschichte ich vor keinem Monat geschrieben hatte. Es gab nur das undeutliche Bild eines weißen Bunnys mit bläulich schimmerndem Fell und großen Augen, nur ein Loch in meiner Brust, wo einmal eine Geschichte gewesen war. Und ich wusste, dass nur ein leeres Dokument auf meinem Laptop sein würde, wo vorher Wörter gewesen waren.
„Wie konnten wir nur versagen?“, flüsterte ich. „Warum konnten wir nicht ein kleines bisschen schneller sein?“
Ich dachte zurück an unsere Reise. An all die Momente, in denen wir ein bisschen schneller hätten gehen können. In denen wir uns ausgeruht hatten, wo wir hätten weitergehen können. In denen wir gefeiert hatten, oder gegessen, oder gesegelt waren, oder einer falschen Fährte gefolgt waren. Alle zusammengenommen, hätte es gereicht, um schnell genug zu sein? Hätte es gereicht, um die Geschichten zu retten?
„Ich vermisse auch andere Sachen“, meinte meine Oma plötzlich. „Erinnert ihr euch was im Legendenwald passiert ist?“, fragte sie. „Erinnert ihr euch an die Geschichten? Und Hannes, erinnerst du dich an das Märchen vom Froschkönig? …oder war es der Froschprinz? Oder bist das du…?“
Sie schien den Faden zu verlieren, aber ich wusste was sie meinte. Alles, was mit Geschichten zu tun hatte, verschwamm vor meinem inneren Auge. Und hier hatte Vieles mit Geschichten zu tun.
„Was ist mit den Charakteren passiert, die in Geschichten vorkommen? Bitte sagen Sie mir die sind nicht auch…!“ Ich schaute Hannes an als könnte er gleich verschwinden. Und so gesehen waren auch wir nur Charaktere in Stephs Geschichte. Erinnerte sie sich noch an uns? Reichte der Nebel bis in die Realität? Oder versanken wir gerade langsam im Nebel des Vergessens?
„Soweit ich weiß ist niemand verschwunden. Allerdings…“ Der Pilzmajor strich sich über den Schnauzer. „Allerdings erinnern sich einige Leute nicht mehr daran wer sie sind, oder was sie in ihrem Leben gemacht haben. Andere erinnern sich, aber niemand erinnert sich an sie. Es ist das absolute Chaos.“
Das glaubte ich gerne. Für ein Land, das aus Geschichten bestand, war es als hätte jemand das Fundament mit einem Mal abgerissen und alle stürzten ins Leere.
Wie hieß mein Bunny? Die Geschichte, mit der ich mich einen Monat lang beschäftigt hatte? Mit der ich durch das halbe NaNo-Land gereist war und die so friedlich auf meinem Laptop eingeschlafen war?
„Es ist alles weg. Alles, was je geschrieben wurde…“ Ich sank auf den Boden, da es mir unmöglich geworden war, mich auf den Beinen zu halten. Ich konnte praktisch fühlen wie sich die Leere weiter in meinen Gedanken ausbreitete und all die Geschichten verschlang, die noch nicht ganz verschwunden waren. „Wie halten die Leute das aus?“
„Gar nicht.“ Der Pilzeimajor zuckte mit den Schultern. „Wir geben schon Mietkatzen zur Beruhigung raus, um allen über den Verlust der Plotbunnys und der Geschichten hinwegzuhelfen. Aber natürlich sind Katzen zwar flauschig, aber eben keine Bunnys.“
„Irgendetwas müssen wir doch tun können!“ Hannes sah in die Runde. „Leute, es gibt immer irgendetwas, das man tun kann!“
„Das Richtgnu vielleicht?“, meinte Oma nachdenklich. „Das richtet Sachen, die schiefgegangen sind.“
„Ja, einen verstauchten Knöchel vielleicht. Oder eine Geburtstagsfeier, die nach hinten losgegangen ist.“ Phoenix hatte den seltsam leeren Blick aufgesetzt, den ich auch in meinem Gesicht vermutete. „Das wird nicht reichen.“
Etwas rührte sich in meinem Hinterkopf. Eine Geschichte? Etwas von unserer eigenen Geschichte, das ich schon fast vergessen hatte?
„Mäh“, machte Freundschaf, das im Gang aufgetaucht war, seine Verwandtschafe im Schlepptau. Es stupste meine Hand leicht mit seiner Schnauze an.
„Das Kloster der Wunder!“ Ich schrie so laut, dass Blue zusammenfuhr. Gut so, der hatte angefangen den Boden etwas zu eindringlich zu betrachten. Und noch war nicht alles verloren. „Wenn das NaNo-Land jemals ein Wunder gebraucht hat, dann jetzt.“
„Natürlich! Wie konnte ich das nur vergessen.“ Oma stellte sich etwas gerader hin, richtete ihren Hut und griff dann wieder nach ihrem geblümten Regenschirm.
Blue streckte ihr ihre Hand entgegen, die neben ihm auf dem Boden gehockt hatte.
„Danke, kein Junge.“
„Wie kommen wir hin?“, fragte Hannes. „Ist hier noch ein Fakir mit Teppich? Oder funktioniert der gesunde Menschenversand noch? Funktioniert irgendwas?“
Der Pilzeimajor schüttelte den Kopf. „Die Teppiche fliegen nicht mehr. Sie sind nur geflogen, weil Geschichten in ihre Fasern eingewoben waren. Und ohne Geschichten…“
„Und der gesunde Menschenversand?“ Dass ich das einmal fragen würde…
„Wenn ihr Glück habt, vielleicht schickt euch einer der Mitarbeiter los. Die sind eigentlich immer noch am Streiken, aber…“
„Immer noch?“ Die Wut in Blues Gesicht war fast besser als die Leere. Aber nur fast. „Wie können sie es wagen, nach allem, was passiert ist? Alle Geschichten sind gelöscht, nur wegen des dämlichen Streits!“
„Nun ja… hätte sich der Rat entscheiden können das Gehalt zu erhöhen, wäre das auch nicht passiert. Aber die prügeln sich ja lieber“, grummelte der Pilzeimajor. „Und das Gehalt ist wirklich unter aller Sau. Ich würde ihnen keine Vorwürfe machen.“
„Mmh“, machte Blue nur und verschränkte die Arme vor der Brust. „Falls die uns nicht losschicken, dann können dir was erleben.“
„Mäh“, machte Freundschaf.
„Bleiben Sie hier und warten auf unsere Rückkehr. Und behalten Sie die Schafe im Auge.“
„Äh…“
„Määähh“, machte Lichtschaf und begann am Hosenbein des Pilzeimajors zu knabbern. Hinter ihm kamen gerade die Anhängerschafe mit Weltherrschaf um die Ecke.
„Vor allem das da“, fuhr meine Oma fort und deutete auf Weltherrschaf. „Das da will die Weltherrschaft übernehmen.“
„Äh…“
Viel besser konnte man es wohl nicht erklären, also folgte ich ihr nach draußen und in Richtung der Station des gesunden Menschenversands. Es war immer noch niemand zu sehen und mit dem ganzen Nebel lief mir deshalb ein Schauer den Rücken hinunter.
Auch die Station war vollkommen verlassen – bis auf zwei Mitarbeiter, die an einem der Schalter lehnten. Ein Mann blätterte gedankenverloren in einem Buch und schien zu versuchen sich die Tränen zu verkneifen. Ein Mädchen saß in einem Schreibtischstuhl und stieß sich immer wieder mit den Füßen von einem Tischbein ab und drehte sich rundherum, rundherum.
„Entschuldigung?“ Oma räusperte sich vernehmlich. „Wir würden gerne ins Kloster der Wunder reisen.“
„Tut mir leid, wir haben geschlossen.“ Der Mann sah nicht einmal von seinem Buch auf, sondern kniff die Augen zusammen, als würden so vielleicht die Buchstaben wieder auftauchen.
„Dann macht für uns wieder auf.“ Diesem Befehlston meiner Oma widersprach man normalerweise nicht. Der Mann sah auf, das Mädchen hörte auf sich mit dem Stuhl zu drehen.
„Tut mir leid, Lady. Aber das sind unsere Vorschriften. Wir können nicht einfach willkürlich jemanden durch die Röhren schießen. Wir…“
„Hören Sie mal.“ Oma griff den Starb fester. Oh-oh. „Wir versuchen die Wirkung des Großten Roten Knopfs des Verderbens wieder rückgängig zu machen und dazu brauchen wir ein Wunder. Also schießen Sie uns durch die Rohre, oder leben Sie damit, dass es im NaNo-Land keine Geschichten mehr geben wird. Vielleicht niemals wieder.“
Der Mann schluckte, das Mädchen klammerte sich an die Tischkante.
„Na gut“, meinte der Mann schließlich und das Mädchen nickte. War sie vielleicht seine Assistentin, oder eine Praktikantin oder sowas? „Aber wir übernehmen keine Verantwortung dafür, dass sie eventuell an der falschen Ecke rauskommen, oder in einer Sackgasse zerschellen.“
Jetzt war es an mir zu schlucken und mich an meiner Robbe festzuklammern, die empört schnaubte.
„Ich weiß nicht wann das letzte Mal jemand Wartungsarbeiten an der Strecke vorgenommen hat. Manchmal werden auch die Rohre miteinander verbunden, oder verschoben, um neue Wege zu öffnen. Normalerweise wird das in unserem System vermerkt, aber in den letzten Wochen war der Betrieb eben stillgelegt. Es kann also sein, dass wir nicht auf dem neusten Stand sind…“
„Hat damit irgendjemand ein Problem?“ Oma drehte sich um und musterte einen nach dem anderen. „Es müssen auch nicht alle gehen. Es reicht vielleicht, wenn eine Handvoll von uns gehen und nachfragen. Aber Freundschaf sollte vielleicht mit; die Nonnen mögen es.“
„Mäh“, machte Freundschaf und stellte sich neben meine Oma.
„Ich komme auch mit.“ Ich mochte zwar den gesunden Menschenversand nicht und die Vorstellung an einer Wand zu zerschellen war auch nicht sonderlich toll, aber ich wollte meine Geschichte wiederhaben.
„Mias Gesicht lasse ich mir garantiert nicht entgehen!“ Blue hatte sein Grinsen wiedergefunden.
„Ich habe das Kloster noch nie gesehen“, meinte Hannes. „Ein weiteres Reiseziel wäre dann wohl abgehakt. Und vielleicht kann ich fragen, ob sie ein Wunder für mich haben, um mich zurückzuverwandeln. Wer weiß das schon.“
„Ich bleibe bestimmt nicht mit dem Pilzkopf da hinten zurück. Da wird man ja total depressiv.“ Phoenix schüttelte den Kopf. „Ich bin zwar tot, aber so schwarz sehe ich für die Zukunft dann auch wieder nicht.“
„Das wäre dann wohl geklärt.“ Oma lächelte. „Schicken Sie uns los.“
Den beiden Mitarbeitern war während der Reden der Mund aufgeklappt, aber die zwei legten sich sofort ins Zeug, um alles zum Laufen zu bringen. Das gut war, dass wir die einzigen Kunden waren. Während der Vorbereitungen versuchte Oma mit Mr. Ian Woon über die Gedankenspinne zu kommunizieren, aber das erste Mal seit wir sie bekommen hatten funktionierte sie nicht. Sie weigerte sich einfach stur Kontakt aufzunehmen.
„Die funktioniert wohl auch über Geschichten“, vermutete Oma, seufzte und steckte die Spinne zurück in ihre Robbentasche. „Dann hoffen wir einfach das Beste.“
Wir bekamen sogar eine Deluxe-Kabine, weil sonst niemand unterwegs war. Also würden wir immerhin mit Stil zugrunde gehen. Gut zu wissen.

1 Kommentar:

  1. Wow, du hast es auf jeden Fall geschafft das ganze weit grusliger darzustellen als wir uns das gedacht haben... jetzt lach ich darüber auf jeden Fall nicht mehr, das ist ja eine schlimmere Vorstellung als jede Dystopie.

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