„Natürlich!“, bestätigte meine Oma sofort und
dieses Mal konnte ich nicht einmal genervt sein. Um unsere Geschichten zu
retten, würde ich noch einmal das ganze NaNo-Land bereisen und sogar erneut den Schwertreitern gegenübertreten, wenn es sein musste.
„Ich bin dabei!“ Blue hatte wieder ein
Funkeln in den Augen, das dieses Mal glücklicherweise nichts mit Essen zu tun
hatte. Immerhin hatte er noch ein bisschen Ehrgefühl.
„Ich mach auch mit“, meinte Hannes. „Alles
ist besser als Erzierungsunterrricht mit den Kornprinzen.“
Mr. Ian Woon schenkte ihm einen mitleidigen
Blick. Als König des NaNo-Landes hatte er so etwas vielleicht auch hinter sich.
„Hier geht es um unsere Geschichten. Das
lasse ich mir nicht entgehen“, entschloss ich mich.
„Mäh“, machte Freundschaf und begann dann wieder
auf der Tischdecke zu kauen.
„Dann wäre das beschlossene Sache.“ Mr. Ian
Woon sah schon jetzt ein wenig entspannter aus. „Ich werde alles in die Wege
leiten, um euch zu helfen so gut es mir möglich ist. Habt ihr noch die
Gedankenspinnen und die Katze?“
Allein bei dem Gedanken an die Spinnen schauderte ich, doch meine Oma nickte. Blue hatte eine Spinne
behalten und sie hatte eine bekommen. Ich hatte gerne darauf verzichtet und
mich damit rausgeredet, dass ich eh mit meiner Oma zusammenwohnte und wir
dieselbe Spinne benutzen konnten, wenn wir wollten. Ich wollte nie. Handys waren soviel praktischer.
„Bekommen wir wieder Priorität beim
Menschenversand?“ Blue sah aus als würde das der Höhepunkt seines Tages werden.
Mir lief gleich noch ein Schauer den Rücken herunter. Menschliche Röhrenpost
war einfach nichts meins.
„Tut mir leid, aber die Wächter des Großen
Roten Knopf des Verderbens und die Mitarbeiter des Gesunden Menschenversands
gehören zur selben Gewerkschaft und haben beschlossen gleichzeitig zu streiken.
Ihr werdet den FF nehmen müssen.“
„Den was?“,
erkundigte sich Blue.
„Den FF. Den Fakir-Ferkehr.“
Das hörte sich nicht nur lächerlich, sondern
auch ominös an. Aber viel schlimmer als der Gesunde Menschenversand konnte das
auch nicht sein. Hoffte ich zumindest.
Mr. Ian Woon schnappte sich einen Bürger, der
gerade vorbeilief und anscheinend die Gallerie hatte besichtigen wollen und
schickte ihn Papier holen. König des NaNo-Landes zu sein schien auch Vorteile
zu haben, selbst wenn der Job größtenteils aus zeremoniellen Pflichten bestand,
denn der Bürger erkannte Mr. Ian Woon sofort und überschlug sich geradezu in
seiner Eile dem Befehl Folge zu leisten. Das Papier benutzte er dazu uns ein Dokument mit seiner Unterschrift zu schreiben, das versicherte er würde dafür aufkommen, wenn wir von irgendjemandem Hilfe brauchten.
„Eine Sache gibt es da noch. Es wäre gut,
wenn ihr Steph dazu bringen könntet eure Geschichte fortzusetzen. Es könnte von
Vorteil sein mit seinem Autor kommunizieren zu können. Vielleicht könnt ihr die
Handlung beeinflussen, wenn etwas schiefgeht.“
„Wir haben sie seit einer Weile nicht mehr
gesehen. Seit Ende November, um genau zu sein“, erklärte Oma.
Man konnte Mr. Ian Woon ansehen wie er das
Gleichgewiss verlor. Er war sich ganz offensichtlich nicht mehr gewiss, ob unsere
Gruppe bereit für noch eine Mission war.
„Wir schaffen es schon sie an Land zu
bringen.“ Beim Gedanken an Omas Zusicherung, dass mir Fluffles als Folgeband
noch einmal über den Weg laufen könnte, begann ich zu grinsen. „Und ich habe
auch schon eine Idee wie.“
Die anderen sahen mich nur verwirrt an, doch
Mr. Ian Woon schien beruhigt zu sein.
„Wunderbar! Dann wäre das geklärt. Ich habe
meinem Chauffeur gesagt er soll euch zuerst nach Hause fahren, damit ihr ein
paar Sachen für die Reise zusammenpacken könnt und dann zum Fakir-Ferkehr.
Kontaktiert mich per Gedankenspinne sobald ihr euch am Großen Roten Knopf des
Verderbens versucht habt.“
Wir beschlossen sofort aufzubrechen. Es sah
ganz so aus als könnte dies der Beginn eines neuen Abenteuers sein und genau das
war es, was ich brauchte, um Steph zurückzuholen. Sie musste ja nicht mal ins
NaNo-Land kommen. Wie sie letztes Mal bewiesen hatte, konnte sie auch von der
Realität aus unsere Geschichte schreiben. Solange sie nicht wieder einen von
uns in Hefe ersticken ließ, konnte das ja nur gut enden.
„Was ist jetzt dein super Plan?“, fragte Blue
sobald wir in Mr. Ian Woons Auto saßen.
„Oh, damit er funktioniert müssen wir eigentlich
nichts weiter machen als das, was wir eben schon beschlossen haben. Falls es
wirklich stimmt, dass wir Stephs Geschichte sind, wäre das hier Teil 2,
richtig?“
„Ja…“ Hannes sah noch nicht ganz überzeugt
aus. Er hatte es sich auf meiner Schulter bequem gemacht und ich musste ein
wenig schielen, um seinen Kopf sehen zu können. „Aber was hat das mit irgendwas
zu tun?“
„Siehst du denn nicht, dass das hier nichts
anderes ist als der Beginn einer neuen Geschichte? Und das bedeutet, dass Steph
gerade vermutlich eh von einem Plotbunny über uns belagert wird. Das einzige, was wir
machen müssen, ist, die Geschichte voranzutreiben. Je mehr Druck wir machen,
desto eher meldet sie sich, entweder, weil sie unsere Geschichte schreiben
möchte, oder, weil sie uns bitten will sie in Ruhe zu lassen. So oder so werden
wir wohl bald von ihr hören.“
Alle sahen mich mit großen Augen an,
anscheinend immer noch nicht ganz überzeugt. Ich hatte mich mittlerweile mit
der Tatsache abgefunden zwar real, aber gleichzeitig auch ein Charakter in einer
Geschichte zu sein. Seinen Autor persönlich zu kennen, half ein bisschen, fand
ich.
Nacheinander wurden wir zu unseren Wohnungen
gefahren. Der einzige, der nicht in der Nähe wohnte, war Hannes, doch der
versicherte uns, dass er sowieso nicht viel brauchte. Ein paar Fliegen als
Proviant wären nicht schlecht, meinte er – was mich dazu veranlasste
getrocknete Mücken in einer Tierhandlung zu kaufen.
Auf dem Weg zum Fakir-Ferkehr, was auch immer
das genau sein mochte, wurde meine Vorhersage schließlich wahr.
„Leute!“, ertönte eine Stimme aus dem
Nirgendwo, die den Chauffeur so sehr zusammenfahren ließ, dass das Auto kurz
die Spur wechselte, bevor es mit einem Schlingern wieder auf der richtigen
Seite der Fahrbahn landete. „Muss das sein? Ein Band 2? Das hatte ich
eigentlich nicht geplant…“
„Hi, Steph! Lange nichts gehört“, grinste ich
nur.
„Zwei Wochen Ruhe habt ihr mir gegönnt. Zwei!
Und jetzt sitzt ihr mit Reisegepäck in einem Auto und seid auf dem Weg nach…
zum Großen Roten Knopf des Verderbens? Wer hat sich denn den bescheuerten Namen
ausgedacht?“
„Deus ex Machina“, begann meine Oma. „Das
ist…“
„Ach ist doch auch egal. Was ich eigentlich
sagen wollte: Lasst mich in Ruhe! Ich bin immer noch mit meiner NaNo-Geschichte
beschäftigt. Ihr hattet Recht was das angeht; das hat mir einen richtigen Schub
gegeben. Aber noch ein Plotbunny kann ich beim besten Willen nicht gebrauchen.“
„Aber wir brauchen dich!“, widersprach
Hannes. „Wenn irgendetwas schief geht, kannst du uns aus der Situation
rausschreiben!“
„So funktioniert das aber nicht! Ihr
habt doch gesehen was beim letzten Mal passiert ist.“
Meine Oma kratzte sich an der Nase und rückte
ihren lila Samthut zurecht. Oder eher ihr Händchen rückte ihn zurecht.
„Schaden tut es bestimmt nicht…“
„…sagte die Frau mit der immer noch
abgetrennten Hand“, konterte Steph. "Ich habe es nicht mal geschafft dir die zurückzuschreiben."
„Touché. Nicht, dass es mich sonderlich
stören würde. Außerdem schreit das nach einem Band 2, in dem das geklärt wird.“
Es war eine Weile still. Der Chauffeur warf
immer wieder Blicke in den Rückspiegel, vermutlich eher weniger, um den Verkehr
zu beobachten, als mehr unsere Gesichter zu studieren. Außerdem sah er sich
öfter nach allen Seiten um, als würde er nach Steph Ausschau halten. Viel Glück
dabei.
„Okay, Leute. Ein Band. Aber die Geschichte
wird kürzer als die erste. Und ich kann nicht versprechen, dass ich sie fertig
schreibe. Vielleicht seid ihr am Ende auf euch alleine gestellt. Außerdem,
solltet ihr die Geschichte aus eigener Kraft in irgendeine komische Richtung
lenken, lege ich jegliche Verantwortung
ab!“
„Deal.“
Blue sah mich ein wenig entgeistert an, doch
das bestätigte mich eher in meiner Entscheidung.
„Dann hätte ich noch eine Frage, Steph. Da du
offensichtlich die Autorin dieser Geschichte bist… was genau ist der
Fakir-Ferkehr?“ Diese Frage hatte mir auf der Zunge gelegen seit Mr. Ian Woon
den FF erwähnt hatte.
„Der?“ Ich meinte einen Hauch von Genugtuung
in ihrer Stimme hören zu können. In meinem Bauch machte sich ein flaues Gefühl
breit und Blue warf mir einen gehetzten Blick zu. „Das ist ein Fliegender
Teppich Service."
"Cool!"
Blue jedoch stöhnte. "Sagte sie gerade fliegende Teppiche?"
Ach ja, da war ja was. Höhenangst.
Ach ja, der FF... ich hoffe ich hab mit dem Auflacher gerade eben nicht das ganze Haus geweckt. Mmh... gute Kombination von Mia, aber ob sie irgendwann erfahren wird das auch Steph nur ein Charakter in dieser Geschichte ist wie sie? Schönes Kapitel auf jeden Fall und ich freu mich schon auf die Flugszene! Auch wenn ich mich schon vor nem halben Jahr darüber kaputtlachen konnte ;)
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