Wir konnten sofort erkennen, dass wir dem
Großen Roten Knopf des Verderbens näher kamen, als sich die Anzahl an Teppichen
in der Luft verzehnfachte. Mit ein paar von ihnen wären wir beinahe zusammengestoßen,
was Blue jedes Mal einen Angstschrei entlockte. Schließlich schafften wird es
allerdings doch zu landen und folgten den Menschenmassen in ein großes
Gebäude.
Schon auf dem Hinweg hörte ich um mich herum
viele unterschiedliche Sprachen. Das Problem mit dem Großen Roten Knopf des Verderbens
schien das ganze NaNo-Land zu betreffen und nicht nur unsere Region,
da sich eben viele Leute aus den verschiedenen Regionen zusammengefunden
hatten, um ihr Glück als Ersatzwächter zu versuchen.
Es gab einige deutsche Unterschiede. Allein
von der Kleidung her ließ sich nie sagen woher jemand kam, denn das schien eher
vom Genre abhängig zu sein, das die Autoren schrieben. Ich hatte wieder meinen
normalen blauen Umhang an. Andere Fantasy-Schreiber konnte ich daran erkennen,
dass sie wie Magier aussahen, oder Ähnlichkeit mit Hobbits hatten
(zumindest von der Kleidung her - oder den großen Füßen). Die Steampunk-Leute hatten Flugbrillen und
Zahnräder auf der Kleidung, ein paar Krimi-Schreiber liefen in
Sherlock-Holmes-Aufmachung durch die Gegend, die Science Fiction-Leute sahen
ein wenig futuristisch aus. Dazwischen gab es jeden erdenklichen Kleidungsstil,
von normal bis zu verrückt bis zu Leuten, denen ein Schwan aus dem Mantel
wuchs. Aber das alles kannte ich ja schon von Schreibstadt.
Der ganze Strom aus Menschen bewegte sich auf
ein Gebäude zu, das, wie nicht anders zu erwarten, Säulen hatte und ein wenig
Ähnlichkeit mit einem griechischen Tempel aufwies. Alle wichtigen Gebäude
dieser Region schienen vom gleichen Architekten gebaut worden zu sein.
Mehrere Pilzizisten, am pilzförmigen
Abzeichen auf ihren Uniformen zu erkennen, wiesen die Menge immer wieder in
ihre Schranken und ließen uns schneller passieren. Ein sehr wichtig aussehender
Mann – ich machte das an den ganzen Abzeichen fest, die sich auf seiner
Uniform tummelten und an dem riesigen Schnauzbart, den er zur Schau stellte –
kommandierte die Pilzizisten herum und sorgte dafür, dass alles seine
geregelten Bahnen lief.
„Wer ist der da?“, fragte ich meine Oma.
„Das? Das ist der Pilzeimajor. Allein die
Tatsache, dass er abgestellt wurde, um den Knopf zu bewachen, zeigt wie ernst
die Lage ist.“
„Und wer sind die?“
Ich deutete auf einige Pilzizisten in
dunkleren Uniformen, die gefährlich aussehende Waffen an ihren Gürteln trugen.
„Das sind Poziwisten. Sie sind eine spezielle
Eingreiftruppe der Pilzizei, die nach der Großen Plotbunnyinvasion
aufgestellt wurde. Insbesondere soll die wohl Rauchninjas bekämpfen, aber jetzt
scheint sich ihre Mission ein wenig geändert zu haben."
Sobald wir das Innere des Gebäudes betraten,
was nur nach einer Menge Drängeln und Schieben der Fall war, bekamen wir auch
den Pausenraum der Pilzizisten zu sehen. Dieser war groß mit der Aufschrift
„Refungium“ versehen worden und man konnte mehrere Pilzizisten sehen, die sich
auf großen Sofas räkelten, Kaffee tranken, oder Doughnuts aßen.
Als ich das erste Mal einen Blick auf die Wachen
werfen konnte, die den Großen Roten Knopf des Verderbens bewachten, musste ich
unweigerlich kichern. Die beiden hatten Augenbrauen, die locker als Büsche
durchgehen konnten.
Ein Mann, der in der Schlange vor mir stand
bemerkte mein Gelächter und begann ebenfalls zu grinsen. „Das sind die „Eyebros“ erklärte er mir auf
Englisch. „Du kannst dir sicher denken woher der Name kommt.“
„Allerdings.“
Von hinten wurde ich von jemandem geschubst,
den meine Oma daraufhin als Hunterkopf bezeichnete. Das schien, laut ihrer
Erklärung, ein deutsch-englischer Jäger zu sein.
Generell schien alles, was Beine hatte,
gekommen zu sein, um sein Glück mit dem Großen Roten Knopf des Verderbens zu
versuchen. Wobei… Beine schienen nicht unbedingt von Nöten zu sein. Weit vorne hatte sich ein selbstfahrendes Auto eingereiht. Es nahm so viel
Platz ein, dass die Absperrung extra für das Fahrzeug erweitert werden musste.
Es schien nervös zu sein, denn es verlagerte ununterbrochen sein Gewicht von
einem Reifen auf den anderen. Als es endlich an der Reihe war drehte es sich,
wie es schien von selbst, auf den Knopf. Anscheinend konnten selbst Autos dem
Knopf nicht widerstehen.
Ein kleiner Tumult brach aus, als ein Mann
den Knopf mit den Worten „It’s very nive – very knife indeed“, bedachte, ein
Messer zog und begann auf das Ding einzustechen. Die Pilzizisten griffen sofort
ein und der Mann, der immer noch versuchte verzweifelt den Knopf zu erreich,
wurde abgeführt.
„Die haben hier extra ironsichere Zellen“,
erklärte meine Oma mir. „Die sind sowohl eisensicher, sodass sein Messer wohl
nicht viel ausrichten wird, als auch ironiesicher. Man kann nie wissen, wann
diese Eigenschaft mal nützlich sein könnte."
Einige der Menschen schüttelten den Kopf und
murmelten etwas von „ordnungstrue“, was sich wohl auf die deutschen Pilzizisten bezog. Es war interessant zu sehen wie man in anderen Ländern wahrgenommen wurde.
„Das Gebäude beinhaltet nicht nur den Großen
Roten Knopf des Verderbens. Ganz tief unter der Eingangshalle hier gibt es
Verliese, in denen die Inneren Lektoren und Inneren Editoren über NaNoWriMo
eingeschlossen werden können. Man kann sich dafür eintragen. Ich habe das mal
ein Jahr gemacht“, erklärte meine Oma.
Ja, sie konnte manchmal ziemlich kritisch sein - vor allem was ihre eigenen Texte anging.
„Mein Editor hat es mir ein wenig übel
genommen, aber sobald er mein NaNo-Manuskript gesehen hat, war er wieder mit
Feuereifer bei der Sache.“
Bei der Erinnerung grinste meine Oma und
stützte sich wieder auf ihren Regenschirm. Sie bekam einige seltsame Blicke ab,
als die Hand aus ihrer Manteltasche krabbelte und sich auf ihrer Schulter
niederließ. Noch entgeisterter wurden die Blicke als die Hand den Hut
zurückrechte, als dieser verrutsche.
Die Schlange bewegte sich kriechend vorwärts.
Nach einer Weile taten mir die Beine weh und langsam wünschte ich mir, dass ich
doch den Vampirroman in dem Buchladen gekauft hätte. Dann hätte ich jetzt
wenigstens etwas zum Lesen. Alternativen wären zum Beispiel Fluffles zu
überarbeiten, oder eine neue Geschichte zu planen – doch ich hatte keinen Laptop und keine Aufzeichnungen dabei.
NaNoWriMo hatte mich so richtig ins
Schreibfieber gebracht. Ich hatte Lust gleich noch eine Geschichte anzufangen,
auch wenn ich vielleicht nicht unbedingt 50.000 Wörter in einem Monat schreiben
würde. Das in zwei Monaten zu tun würde auch reichen und ich würde
zwischendurch noch Zeit haben Fluffles weiter zu überarbeiten und alles
nachzuholen, was ich den November über im richtigen Leben verpasst hatte.
Sowohl meine Freunde, als auch die Schule hatten ein wenig leiden müssen.
Die meisten meiner Freunde hatten es nicht
nachvollziehen können, dass ich mich prakitsch einen Monat lang zusammen mit
meiner Oma weggeschlossen hatte, um wie eine Blöde auf einen Laptop
einzutippen. Dann wiederum hatten sie keine Ahnung davon wie süchtig machend
das alles sein konnte.
Das Problem der fehlenden Beschäftigung wurde
gelöst, als ein Mann ein paar Plätze hinter uns mitbekam wie ruhelos ich wurde.
Er schenkte mir zuerst ein zögerliches Lächeln und dann einen Schwung Papier
und einen Stift. Ich sollte mir wirklich angewöhnen immer ein wenig
Schreibmaterial dabei zu haben.
Egal was meine Oma gesagt hatte, ein Band
zwei zu Fluffles‘ Geschichte hatte sich bisher immer noch nicht eingestellt,
also skizzierte ich einen Plot, in dem es um eine jugendliche Hexe ging, die
sich in einer Welt aus Märchen behaupten musste. Bisher war das alles noch
recht unausgegoren, aber man konnte ja nie wissen. Pantsen hatte bei Fluffles
gut funktioniert; wer konnte schon wissen was alles aus meinem neu entstandenen
Plotbunny werden könnte? Und selbst wenn es nichts wurde, ein paar Plotbunnys, die im November keinen Autor gefunden hatten, gab es in der
Plotbunnyauffangstation.
Selbst durch den Schwung neuer NaNos, hatten
wir der Bunnyinvasion nicht ganz Herr werden können. Der Großteil der Bunnys hatte
tatsächlich einen Wrimo gefunden, der sich bereit erklärte sie zu schreiben.
Allein diese Zusicherung hatte die meisten recht lieb und pflegeleicht werden
lassen. Solange man sie ab und zu mit Wortsalat fütterte, konnte man sie ganz
gut halten.
Die etwas lebhafteren Exemplare wurden in
eine Auffangstation gegeben. Vielleicht konnte ich, wenn das alles hier vorbei
war, mal vorbeischauen und eins von ihnen adoptieren. Ein Steampunk-Bunny wäre nett. Oder, zur Entspannung, einfach ein Chick-Lit Bunny.
Durch meine Planerei verging die Zeit so
schnell, dass ich erst bemerkte, dass wir bald an der Reihe waren, als ein
Vikinger mit einem Hammer immer wieder auf den Knopf einschlug und er von
einigen Pilzizisten beruhigt werden musste. Mittlerweile war ich mir nicht mehr
so sicher, dass wir der Aufgabe gewachsen waren. Jede einzelne Person (oder
Auto), die sich bisher dem Großen Roten Knopf des Verderbens genähert hatte,
war ihm komplett verfallen.
Die einzigen, die von dem ganzen Spektakel
relativ unbeeindruckt schienen, waren die beiden Wachen, die Eyebros. Wenn man
sie von Nahem sah, konnte man defninitv sehen, dass sie Brüder waren.
Sie hatten außerdem einen genervten Ausdruck auf dem Gesicht, was sich dadurch
erklären ließ, dass sie jedes Mal, wenn jemand den Knopf drückte, ihn
zurückdrücken mussten, nur damit die nächste Person das alles wiederholen konnte. Ihr
Job bestand darin tagein tageaus auf denselben Knopf zu drücken. Langsam
konnte ich nachvollziehen warum man bei sowas anfing zu streiken.
Nachdem eine Fee mit schillernden Flügeln und
Blätterkleid unter lautem Kreischen wieder und wieder freudig den Großen Roten
Knopf des Verderbens gedrückt hatte, war meine Oma dran. Sie rückte noch einmal
ihren Hut zurecht, gab ihrer Hand ein high five und marschierte resolut auf das
Podest zu. Ein Raunen ging durch die Menge, als einige Leute ihren Regenschirm
als den Starb erkannten und allen, die es nicht wussten, die Geschichte erzählt
wurde, wie wir die Region Deutschland vor einer Plotbunny-Invasion gerettet
hatten. Mittlerweile hoffte ich fast, dass diese Geschichte irgendwann alt
werden würde.
Die ganze Halle schien den Atem anzuhalten,
als meine Oma sich vor den Knopf stellte und ihn ansah als wollte sie ihn
niederstarren. Sie hielt einige Sekunden aus, Schweiß sammelte sich auf ihrer
Stirn – und dann drückte sie den Knopf.
Ein Seufzer der Enttäuschung ging durch die
Menschenmenge und alle kehrten zu ihren vorherigen Gesprächsthemen zurück.
Immerhin beließ meine Oma es bei dem einen Versuch und ging würdevoll zur
Seite, um auf den Rest unserer Truppe zu warten.
Blue war als nächstes dran. Er schaffte es
nicht einmal ein paar Sekunden, sondern fing sofort an freudestrahlend den
Knopf zu drücken.
Sobald ich auch nur ein paar Meter näher an
den Großen Roten Knopf des Vederbens herankam, wusste ich, dass es auch bei mir
nichts werden würde. Selbst von hier aus spürte ich den magischen Sog, der von
dem Ding ausging, die unweigerliche Gewissheit, dass ich den Knopf drücken
würde, dass ich ihn drücken musste.
Trotzdem stellte ich mich vor ihn hin,
versuchte Widerstand zu leisten und scheiterte vollkommen, als auch ich nach
wenigen Sekunden dem Knopf erlag. Am liebsten hätte ich immer wieder auf ihn
eingehauen, sobald die Exebros ihn wieder in seine Ausgangsposition
zurückgebracht hatten, doch so viel Stolz hatte ich zum Glück noch übrig.
Hannes, der von meiner Schulter gesprungen
war, schien das anders zu sehen. Er hockte auf dem Podest und sprang jedes Mal
wenn einer der Exebros den Kopf zurückgedrückt hatte, noch einmal darauf. Ein
Pilzizist musste ihn irgenwann zur Seite ziehen und mir in die Hand drücken,
mit der Mahnung die anderen Leute jetzt vorzulassen.
„Das war wohl nichts“, murmelte er
enttäuscht.
Unsere gesamte Truppe stand am Rande des
Schauspiels und sah zu, wie der Rest der
Menschenschlange aufrückte, sodass jeder seine Chance bekommen würde. Ein
wenig erinnerte mich die Situation an eine surreale Darstellung der König
Arthur Legende und Excalibur im Stein.
„Niemand von uns konnte widerstehen. Und es sieht nicht so aus als würde es den anderen hier besser ergehen“, seufte
auch ich und Blue schüttelte den Kopf.
„Was soll jetzt nur aus unseren Geschichten
werden, wenn die Wachen tatsächlich anfangen zu streiken? Ich meine… sogar ich
würde zu gerne auf diesen Knopf drücken, wenn niemand da ist, um ihn zu
bewachen. Es wird gar nicht anders kommen können. All unsere NaNo-Geschichten
werden verschwinden.“
„Nicht unbedingt“, sagte meine Oma plötzlich.
Erneut ging ein Raunen durch die Menge. Ich
stellte mich auf die Zehenspitzen, um zu erkennen, was sich beim Knopf gerade
abspielte. Die Menschenmenge hatte bereits die Lücken geschlossen, durch die
wir die Traube verlassen hatten. Gerade so konnte ich weißes, flauschiges Fell
ausmachen, das direkt vor dem Podest stand.
Als die Menge ehrfürchtig Platz machte,
erkannte ich, dass meine erste Vermutung korrekt gewesen war. Vor dem Podest
stand Freundschaf, kaute mit einem abwesenden Ausdruck auf einer
herausgerissenen Teppichfranse und ignorierte den Großen Roten Knopf des
Verderbens völlig.
„Wartet mal, vielleicht kommt es einfach nur
nicht dran“, mutmaßte einer der Eyebros.
Um seine Theorie zu überprüfen, hob er es
hoch. Sein Gesicht bei dem Versuch war urkomisch. Man sah es Freundschaf zwar
nicht an, aber da es tagein, tagaus immer nur fraß, war es nicht gerade das
leichteste Schaf.
Freundschaf war nun Nase an Nase mit dem
Großen Roten Knopf des Verderbens. Das einzige, was es jedoch dazu zu sagen
hatte, war ein gelangweiltes „Mäh“, während es mit den Beinen strampelte, um
wieder Boden unter die Füße zu bekommen.
Der eine der Exebros gewährte ihm schließlich
diesen Wunsch und es trottete zu uns herüber und hockte sich, immer noch auf der
Teppichfranse kauend, neben uns. Dabei ignorierte es die ehrfürchtigen Blicke, die ihm von allen Seiten zugeworfen wurden.
Die Szenerie mit Hannes und Freundschaf ist einfach nur zu komisch XD Ein paar Rechtschreibfehler hast du übersehen <.< aussehden und schient im ersten Teil des Textes hab ich mir noch gemerkt, aber lies es dir noch mal durch ^^
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