Fakir-Ferkehr
– fliegen fogelsgleich!, war auf dem Schild zu lesen, das auf
Kopfhöhe direkt neben mir angebracht war. Ein Weiteres, auf das Blue immer
wieder schielte, kündigte in fröhlichen Farben die Warnung Forsicht, Fallgefahr! an.
Eine lange Schlange von Menschen stand
sich vor uns. Selbst mit Mr. Ian Woons Bescheinigung, mussten wir warten bis
wir an der Reihe waren. Während dieser Zeit hatten wir genug Zeit uns umzusehen
und Blue hatte genug Zeit, um vollkommen panisch zu werden. Da sagte noch einer
ich stellte mich an, wenn es um den Gesunden Menschenversand ging.
„Muss das wirklich sein? Steph! Ein
Fliegender Teppich Service? Du weißt wie sehr ich Fliegen hasse; erinnere dich
an den Rofl-Copter!“
Doch alles Flehen war umsonst. Blue sah sich
erneut um und als die Schlange vorrückte, erhaschten wir alle einen Blick auf
die nächsten Schilder. Ich wunderte sich, denn was ich sah, wunderte mich
zutiefst.
Blue ging es wohl ähnlich. „Steph! Wenn du schon mit solchen Formulierungen
anfängst, wird das nichts!“
„Ach lass mich doch“, grummelte es leise und
einige der Menschen um uns herum drehten ihre Köpfe, um den Ursprung der
Stimme zu suchen.
„Mach dir nicht so viele Sorgen, Blue. Schau
mal: Freundlicher Fakir-Ferkehr für
Fielflieger“, las ich vor. „Das hört sich doch nicht schlecht an.“
„Oh doch, das tut es“, beschwerte er sich.
„Vor allem das Fielflieger macht mir
Sorgen. Ganz zu schweigen von Schildern wie dem da.“
Frieren
forprogrammiert.
Ja, das hörte sich wirklich nicht besonders
gut an. Aber ehrlich, dann zog er sich eben mal eine dickere Jacke über seine
zerfledderten Klamotten an. Es wurde langsam wirklich Winter und wenn ich ihn
in seinem T-Shirt nur sah, wurde mir schon jetzt kalt.
Sache wie Funktioniert
für Flieger fon fünfzehn fallend fielleicht falsch oder Fragen für Fakire forne ferfassen verwirrten
mich dann doch ein bisschen, allerdings nur bis meine Oma mitteilte, dass das
vermutlich nur bedeutete, dass Personen unter 15 nicht fliegen dürften und, dass
man vorne am Tresen Fragen stellen konnten. Die seltsame Grammatik sprach ich
am besten nicht mehr an.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis wir
endlich an der Reihe waren und einen lächelnden Mann vor uns hatten.
„Herzliche willkommen bei Ihrem Fakir-Ferkehr.
Was kann ich für Sie tun?“
„Mr. Ian Woon schickt uns“, erklärte meine
Oma sofort. „Wir buchen einen Fakir und einen Teppich für einige Tage oder
länger.“
Das ließ den Mann doch ein wenig erstaunt
aussehen, denn das Lächeln wich einer entgeisterten Gesichtsausdruck. „Einige Tage? Das
wird aber teuer…“
„Die Zukunft des NaNo-Landes steht hier auf
dem Spiel!“ Hier war es tatsächlich von Vorteil sich wie ein Frosch aufblasen
zu können, denn das verlieh Hannes‘ Worten das entsprechende Gewicht.
„Mäh“, machte Freundschaf.
Die Augen des Fakirs wurden größer, als er
den Frosch und das Schaf entdeckte.
„Kommen die auch mit?“
„Natürlich!“, beschwerte sich Hanns. „Nur
weil ich wie ein Frosch aussehe…“
Grummelnd verkroch er sich in meinen Haaren.
Dass ich das nicht ausstehen konnte, hatte sich seit der Plotbunnyinvasion
nicht geändert, aber ich ließ es ihm mal durchgehen.
„Wenn Ihre Gruppe so viele Leute umfasst,
schlage ich Ihnen das Familienpaket „Wohnzimmer deluxe“ vor und werde unseren
besten Flieger für Sie freistellen solange sie ihn brauchen. Heinrich!“
Ein Mann, der so gar nicht nach einem
Heinrich aussah, kam aus einem Raum, der wohl ein Pausenraum für die Flieger
war. Er musterte unsere Gruppe kritisch, bis seine Augen an meiner Oma hängen
blieben und er sich zu einem leichten Lächeln durchrang.
Der Mann vom Tresen diskutierte eine Weile
mit ihm, doch schließlich nickte Heinrich und wir wurden in den hinteren Teil
des Gebäudes durchgewunken. Heinrich führte uns in einen Innenhof, in dem,
einer neben dem anderen, mehrere Tepiche aufgereiht waren.
Blue war mittlerweile käseweiß geworden, was
auch unserem Flieger nicht entgangen war.
„Keine Sorge, ich kann ich sie beruhigt in die
Hände der Fluchgesellschaft geben“, meinte er.
„Fluchgesellschaft?“ Blue war, falls möglich,
noch weißer geworden. Wenn er noch mehr Farbe verlor, würde er jedem Gespenst
alle Ehre machen.
„Ja, allerdings. Das ist unsere Gesellschaft.
Wir fliegen unter ihrem Banner und Namen. Es ist noch nie etwas Ernsteres
passiert. Ein paar Abstürze hier und da, aber die meisten Leute überleben.“
„Beruhigt würde ich mich nicht gerade
nennen…“ Blue klammerte sich an den Türrahmen, während wir anderen in den
Innenhof traten, um uns einen Teppich auszusuchen.
„Was zum Teufel ist das da unter dem Teppich?“,
fragte ich meine Oma.
„Das sind dunkle Stoffhoden“, erklärte sie.
„Frag nicht.“
Wenn ich es mir recht überlegte, wollte ich
es vielleicht wirklich nicht wissen.
„Lasst mich mal rechnen…“, meinte Heinrich.
„Eine Rentnerin, ein Erwachsener, ein Teenager, zwei Haustiere. Habe ich etwas
vergessen?“
„Haustier?!“, explodierte Hannes. „Ich bin
der Prinz der Fantasy-Gegend! Was fällt dir eigentlich…“
Ich versetzte ihm einen leichten Stups, der
wohl doch nicht so leicht gewesen war wie ich gedacht hatte, da er dadurch
beinahe von meiner Schulter flog. Immerhin hatte er aber aufgehört sich zu
beschweren. Was kümmerte es ihn als was er mitflog, solange wir von der Stelle
kamen?
Unser Flieger sah nach diesem Ausbruch ein
wenig verstört aus, fing sich aber bald wieder und begann irgendwelche
seltsamen Rohre zu dem Teppich zu leiten, der anscheinend in den nächsten Tagen
unser Transportmittel werden würde. Als ich ihn mir näher ansah, entdeckte ich
kleine Hasen, die überall eingearbeitet waren. Einer davon sah ein wenig wie Fluffles aus. Ich nahm das mal als ein gutes
Zeichen.
„Was genau tun sie da?“, fragte ich
schließlich, als ich meine Neugier nicht mehr im Zaum halten konnte.
„Ich schließe die Sauserstoffversorgung an.
Unsere Teppiche fliegen alle mit Sauserstoff. Das macht sie besonders schnell.“
Blue gab ein mitleiderregendes Wimmern von
sich und ich beschloss das Thema fallen zu lassen.
„Alle Passagiere zur Drachenschenke bitte
einsteigen! Die abreisende Verbindung wird in Kürze starten!“ Ein Fakir ein
paar Teppichreihen weiter half mehreren Leuten auf einen gigantischen Teppich,
der sich unter dem Gewicht der Leute in der Mitte ausbeulte und eher
Ähnlichkeit mit einem fliegenden Sack als einem Teppich hatte. Das konnte nicht
bequem sein.
„Die haben es wirklich nicht so mit der
Grammatik“, grummelte meine Oma.
Wenn sie meine Texte durchsah, was sie als
Grammatikguru eine echte Hilfe. Im richtigen Leben konnte das manchmal ziemlich
nervtötend werden.
Zwei Fakire, die offensichtlich gerade von
einem Flug zurückgekehrt waren, schlenderten an uns vorbei und man konnte gerade noch
den Gesprächsfetzen „…ansonsten wäre Laetitia vermutlich noch hinter den
Kontrollschirmen eingeschlagen“ hören.
„Wer ist Leatitia?“ Blue sah aus als sei er
kurz davor sich zu übergeben – und das, obwohl wir noch nicht mal in der Luft
waren!
Immerhin hatte diese Art zu reisen den
Vorteil (mal davon abgesehen, dass höchstwahrscheinlich dieses Mal nicht ich
diejenige war, der zum Kotzen zumute war), dass man sich nicht in einem
geschlossenen Raum befand, wenn einem übel wurde. Wobei ich mir ein wenig
Sorgen um die Leute machte, die möglicherweise unter unserer Reiseroute
herumliefen.
„Laetitia ist eine Teppich-Fliegerin. Sie hat
letztens eine Bruchlandung hingelegt und hat beinahe unsere Computer
mitgenommen. Sie ist ein wenig… eigenwillig was ihre Flugkünste angeht.
Manchmal denke ich, sie hätte lieber zu den Kusntfliegern gehen sollen.“
Ein Blick auf Blue brachte ihn zum Schweigen.
Der klammerte sich immer noch an einen Türrahmen und ich hoffte, dass wir ihn
nicht mit einem Schweißbrenner von dem Ding würden trennen müssen. Seine Augen
hatte er zum Glück die meiste Zeit geschlossen, sodass er das raschsüchtige
Glitzern in den Augen der Fakire nicht sehen konnten. Sie alle sahen aus, als
hätten sie nichts gegen ein bisschen Geschwindigkeit, wenn auch nicht alle so
leichtsinnig wie diese Laetitia zu sein schienen.
Ein anderes Merkmal, das die Fakire von den
Passagieren unterschied, waren die hohen, steifen Mützen, die ein wenig an die
Hüte aus Harry Potter erinnerten, nur in kunterbunt.
„Hat es etwas Bestimmtes mit den Mützen auf
sich?“ Ich konnte meine Neugierde doch nicht zähmen, auch wenn das dazu führen
könnte, das Blue vor uns allen in Ohnmacht fallen würde. Naja, so würden wir ihn wenigstens auf den Teppich bekommen...
„Das sind Flitzmützen“, erklärte der Fakir,
der immer noch damit beschäftigt war den Teppich mit Sauserstoff aufzutanken.
„Damit lässt sich die Geschwindigkeit erhöhen.“ Sobald er den Sauserstoff
fertig eingefüllt hatte, befestigte er unser Gepäck an den Stoffhoden.
Danach verkniff ich mir alle Fragen, in der
Hoffnung es doch noch vermeiden zu können Blue auf einen der Teppiche zerren zu
müssen. Tatsächlich überwand er seine Angst erst, als ich ihn als Feigling
bezeichnete.
„Alle festhalten, bitte“, forderte der Fakir.
Durch den Teppich ging ein Schaudern. Alle
Teppichfransen an den Seiten sträubten sich und sahen aus wie winzige Tentakeln, die ihre Spitzen in alle Richtungen ausstreckten. Der Teppich warf Wellen, es ging ein Ruck durch das ganze Gefährt und dann sah ich den Boden unter uns
verschwinden. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass wir mit
niemandem zusammenstießen.
Ich wusste sofort, dass ich mein neues
Lieblingstransportmittel gefunden hatte. Der Teppich war tatsächlich
erstaunlich schnell dafür, dass er vier Menschen, ein Schaf und einen Frosch
transportieren musste. Überall gab es Schlaufen, an denen man sich wahlweise
festhalten, oder festbinden konnte. Ersteres taten meine Oma und ich. Letzteres
hatten wir genutzt, um Freundschaf sicher auf dem Teppich unterzubringen und
Blue hatte sich freiwillig dazu entschieden. Unter uns sah ich die Erde
vorbeiziehen, über uns waren nur Wolken. Zum Glück hatte ich meine Winterjacke
mitgenommen, denn der Spruch Frieren Forprogrammiert
hatte sich bewahrheitet.
Das einzige, was mir Sorgen bereitete, war
die Art und Weise, wie der der Fakir meine Oma ansah. Diesen Blick hatte ich
bei Lurz gesehen und der bedeutete eigentlich, dass jemand sich in meine Oma
verguckt hatte. Ich hatte das Gefühl, wenn Lurz das wüsste, würde der Fakir
seines Lebens nicht mehr froh werden. Meine Oma schien davon nichts
mitzubekommen, denn sie hielt dem Fakir gerade einen Vortrag über korrekte
Grammatik. Blue krallte sich unterdessen in der Mitte des Teppichs fest. Er
hatte die Augen geschlossen und machte sie nur auf, um alle par Sekunden einen
nervösen Blick auf Freundschaf zu werfen, das begonnen hatte auf den
Teppichfransen zu kauen. Hannes hockte
in meiner Manteltasche und sah heraus. Allerdings schmollte er noch immer wegen
der Tatsache, dass er als Haustier gebucht worden war.
Alles in allem erschien mir die Reise wie ein
Traum. Denn wer hatte nicht mindestens einmal davon geträumt fliegen zu können?
Die Umstände waren zwar ein wenig anders (zum Beispiel hätte ich mir nie
träumen lassen, dass einer meiner Mitreisenden ein Schaf sein würde), doch das
Ergebnis war letztendlich dasselbe.
"Ich glaube mir wird schlecht", kommentierte Blue das Ganze nur, als ich ihm davon erzählte.
Armer Blue, der kann einem ja fast leidtun.
AntwortenLöschenAber da Mia im letzten Teil auch den gesunden Menschenversand ertragen musste, ist es nur gerecht, dass dieses Mal ein anderer dran glauben muss.
Jedenfalls, wieder ein sehr schönes Kapitel :3
Ich fühl mich immer mehr mit Blue verbunden... bis auf die Höhenangst, die hat zum Glück mein Bruder geerbt. Ach, herrlich diese Szene... hat zum Glück nur ein halbes Jahr gedauert bis sie aufs Papier gebracht wurde.
AntwortenLöschenNachdem Laetitia es aus meinen Verschreibern hier her geschafft hat, bin ich echt am Überlegen, ob ich ihr quasi als Hommage einen Wandteppich verpassen soll xD
AntwortenLöschenIch mag den Fakir Ferkehr, auch wenn mir Blue leid tut.
Wenn mir Namen aus Verschreibern gefallen, übernehme ich die gerne mal. Vielleicht taucht sie irgendwann nochmal auf. Als Running Gag mit Teppichunfällen oder so. xD
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