Das Deck war mit Buchstaben übersäht. Einige
davon krochen noch über die Holzdielen, doch die meisten rührten sich nicht.
Sie verfingen sich in meinen Haaren, in meiner Robe und im Griff der Schaufel,
die ich unaufhörlich schwang.
Neben mir kämpfte Blue genauso zielstrebig.
Einer nach dem anderen fielen die Symblobs und Ververben unseren mehr oder
weniger konventionellen Waffen zum Opfer. Immer mehr zogen sich unsere Feinde
zurück und retteten sich freiwillig über die Reling zurück ins Wörtermehr.
Ich wollte gerade einen Jubelschrei ausstoße,
da bemerkte ich etwas anderes. Das Wasser sah aus ob es hohe Wellen schlangen
würde. Was kam jetzt?
„Wasserschlangen!“, brüllte ein Pirat von
weiter vorne.
War ja klar. Das überraschte mich nicht
einmal mehr. Sollte Steph uns doch Schlangen auf den Hals hetzen, Vampirschafe
und verrückte Magier. Solange unsere Truppe zusammenhielt, fühlte ich mich
unbesiegbar.
Das war zwar was jeder Charakter sagte bevor
ihn in einer Geschichte das Zeitliche segnete, aber ich hoffte einfach mal,
dass mir das erspart blieb. Noch zumindest. Dass ich meine halbe Lebenskraft
wegen der bescheuerten Turmfalle aufgebraucht hatte, müsste genug Spannung für
eine Weile sein.
Über den Lärm der Schlacht hinweg hörte ich
Lurz brüllen.
„Was hat er gesagt?“
„Er hat befohlen, alle Energie in die Kanonen
zu leiden“, meinte Blue.
Die Energie schmerzte das bestimmt sehr, wenn
sie so leiden musste. Vielleicht bezog sich das aber auch auf die Symbolde, die
wir damit beschießen würden.
Ein paar der Buchstabenkreaturen griffen
sofort die Kanonen an und Blue und ich begannen im selben Moment in diese
Richtung zu gehen. Ziemlich schnell waren wir die Symbolde und Kommadaten
losgeworden und wurden prompt damit beauftragt das Trebuchet zu bedienen. Zum
Abfeuern bekamen wir…
„Zuber?!“, beschwerte sich Blue. „Was sollen
wir mit Zubern?“
„Abfeuern natürlich!“, erklärte Damon bevor
er einer der Seeschlangen einen Pfeil verpasste.
Blue und ich standen uns nun gegenüber und
feuerten einen Zuber nach dem andern ab. Nur etwa jeder dritte davon traf. Alle
anderen verschwanden im Nichts. Ich würde zu gerne wissen wohin, doch das
musste mindestens bis nach dem Kampf warten.
Woher die Piraten die ganzen Zuber hatten,
war eine weitere Frage, die ich mich allerdings kaum traute zu stellen.
Vielleicht hatten sie einen Zuberlieferanten überfallen und statt Geld einfach
die Ware einkassiert. Was sie mit den ganzen Zubern wollten…
Ein paar magische Zuber schienen auch dabei
zu sein, denn Damon belud sie, immer bevor wir sie abschossen, mit einer der
Tauben, die auf dem Schiff zu Hause waren. „Der Zuber“, so erklärte er uns, „funktioniert
nur mit einem Tier, das firedlich und im freien Flug gestorben ist.“
Ich wusste zwar nicht was firedlich war –
vielleicht hatte es etwas mit Feuer zu tun – aber die Zuber trafen häufiger als
die anderen, was mich vermuten ließ, dass sie mit einem Zauber ausgestattet
waren, der den Fluch, der auf dem Schiff lag, für einen Moment brach.
Der Zuber musste sie treffen – und das tat er
auch. Die Wasserschlangen wurden regelrecht mit magischen und nicht-magischen
Zubern bombardiert. Das war eine Wasserschlacht einer ganz anderer hart. Äh,
Art, auch wenn fliegende Zuber sicher hart waren und fliegende Zauberzuber
sogar noch härter.
Glücklicherweise schienen die Schlangen das
ähnlich zu sehen, denn sie gaben bald auf. Auch die Symblobs, Kommadaten und
Wer-Verben zogen sich zurück und ließen uns in einer unheimlichen Stille
zurück.
„Ist es vorbei?“, fragte ich schließlich.
„Ja.“ Lurz sah zwar nicht ganz überzeugt aus,
doch er ließ alle Männer auf ihre Posten zurückkehren.
Ein paar Leute stellte er allerdings als
Wachen ab, falls wir noch einmal angegriffen werden sollten. Ich gab die
Schaufel an die Männer zurück, die wieder dem Krabbenschippen nachgingen,
Phoenix war auf der Suche nach ihrem Arm und Oma machte einen Aufstand, weil
Lurz einige Kratzer davongetragen hatte.
Hannes und Freundschaf hatten von der ganzen
Geschichte nichts mitbekommen, denn die beiden waren in ihren Kajüten
geblieben. Hannes hatte sich nicht ganz an das Schiffsleben gewöhnt und ihm war
am Anfang recht übel gewesen – ein Frosch, dem auf einem Schiff übel wurde,
also wirklich! – und Freundschaf trauerte immer noch der Einziege hinterher.
Mir war es allerdings gerade recht, dass sie aus der gefährlichen Situation
herausgehalten worden waren.
Blue und ich machten uns auf den Weg zur
Küche, hauptsächlich weil Blue sich schon den ganzen Morgen Sorgen machte, was
uns der Smutje wohl servieren würde. Er war bekannt dafür recht exotische
Gerichte auf den Tisch zu bringen. Seine Sorgen zeigten sich berechtigt.
Smutjes neustes Gericht trug den Namen
Andockpüre mit Analgen. Laut seiner Erklärung handelte es sich bei Analgen um
Algen, die auf Anlagen wuchsen. Was genau Andockpüre war, erläuterte er nicht
näher, was mir nicht gerade ein gutes Gefühl vermittelte.
Sobald Blue das herausgefunden hatte,
schüttelte er den Koch. „Mach gefälligst mal vernünftiges Essen! Ich musste mir
schon den FF antun, da ist das hier das allerletzte!“
Nur mit Mühe und Not konnte ich ihn davon
abhalten den armen Smutje zu erwürgen. Ich wusste nicht, ob man dafür auch den
Liebestrank verantwortlich machen konnte. Vielleicht begann die Wirkung
nachzulassen und Blue somit schlechte Laune zu bekommen.
Beruhigen konnte ich ihn mit einer Tasse
Kaffee, obwohl ich mich nicht traute ihm zu sagen, dass eine röstige
Schiffsschraube Teil der Kaffeemaschine war, zuständig fürs Rösten der
Kaffeebohnen. Das wusste ich, weil Smutje sie ausgetauscht hatte, bevor ich
mich ans Kaffeebrauen gemacht hatte.
Der Kaffee, egal ob mit röstiger
Schiffsschraube gebraut oder nicht, schien Blue ein wenig wiederzubeleben und
ihm einen Teil seiner guten Laune wiederzugeben. Auch das Mittagessen war
besser als wir gedacht hatten und es sich angehört hatte.
Blue, Phoenix, Oma, Hannes und ich zogen uns
danach in eine Kajüte zurück und spielten Mau Mau, während Freundschaf zusah.
Gestört wurden wir erst, als wir die Stimmen der beiden Wachposten hörten, die
abgestellt worden waren, um zu melden, wenn sich etwas Seltsames dem Schiff
näherte. Sofort waren wir wieder zurück an Deck.
Zuerst konnte ich nicht erkennen was genau
den Alarm ausgelöst hatte. Dann bemerkte ich, dass genau das das Problem war. Dicke
Nebelschaden verhängten die Sicht. Um uns herum war eine einzige dicke Suppe
aus Nebel. Ob der uns schaden würde, wusste ich noch nicht, aber aus
irgendeinem Grund glaubte ich das nicht. Der schwierige Teil unserer Reise war hoffentlich
hinter uns.
„Vorsichtig! Lasst das Schiff treiben!“,
befahl Lurz.
Die Segel wurden eingeholt und bald trieb das
Schiff durch den Nebel dahin. Sollte hier irgendwo eine Sandbank oder – gnade
uns Gott – ein Felsen sein, hatten wir ein großes Problem.
Was stattdessen bald aus dem Nebel vor uns
auftauchte war eine Brücke. Zuerst hoben sich Umrisse dunkel vom Rest der nicht
vorhandenen Landschaft ab, dann folgten einige Pfeiler, Seile, die zwischen den
Plattformen gespannt waren und schließlich sahen wir das Gebilde in seiner
ganzen Pracht vor uns.
Das einzige Problem war, dass wir die Brücke
so schnell wie nicht erreichten. Sie schien einfach nicht näher zu kommen, egal
wie oft Lurz das Schiff in ihre Richtung schickte. Schließlich gab er auf und
ließ den Anker werfen.
„Das muss einfach die Grenze zu Österreich
sein“, meinte er. „Ich habe von niemandem gehört, der so weit aufs Wörtermehr
vorgedrungen ist. Vor allem, während er eine Grenze gesucht hat. Die Dinger
findet man meistens nur, wenn man wirklich danach sucht“, erklärte er.
Eine Brücke? „Aber muss die nicht auch irgendwo
anfangen?“, fragte ich.
„Nicht zwingend. Was sicher scheint ist, dass
man sie nur zu Fuß überqueren kann. Das würde zumindest erklären warum wir mit
dem Schiff nicht näher dran kommen.“
Super und was nun? Rüber schwimmen würde ich
nur im absoluten Notfall, weil das bedeutete, dass wir Freundschaf würden
dalassen müssen. Seine Wolle würde sich wieder voll mit Wasser saugen und auch
Rettungsringe funktionierten nur bedingt. Das hatten wir bei unserem letzten
Besuch am Wörtermehr unfreiwillig herausgefunden.
„Wirf das Boot vom Anker!", befahl Lurz.
Tatsächlich wurde ein Boot an der Seite des
Schiffes ins Wasser gelassen, auch wenn ich nicht wusste was genau das mit
einem Anker zu tun hatte. Besonders besorgniserregend war die Erkenntnis, dass
es aus Blei bestand. Einige Piraten hoben das Bleiboot ins Wasser und
signalisierten uns dann einzusteigen.
Dann mal viel Spaß beim Sinken, dachte ich
nur, machte mich jedoch auf den Weg. Meine Oma hatte sich ebenfalls in Bewegung
gesetzt. Zum Glück behielt zumindest Lurz seinen Verstand, denn er ließ uns
unsere Sachen holen und befahl Smutje uns ein wenig Verpflegung mitzugeben. Das
ließ Blue stöhnen, aber der Rest unserer Gruppe hatte Manieren, die gut genug
waren, um sich zu bedanken.
Zwei Piraten setzten uns zur Brücke über. Das
Geräusch der Ruder im Wasser klang seltsam dumpf, vor allem, als alle anderen
Geräusche, die vom Piratenschiff gekommen waren, verstummten. Der Nebel hatte
sie alle verschlungen. Die Atmosphäre gruselig zu nennen war die Untertreibung
des Jahrhunderts.
Dieses Mal kam die Brücke näher. Wir konnten
schon bald jeden einzelnen Balken sehen. Anscheinend war sie komplett aus Holz
gebaut. Aber wo war der Anfang?
Die zwei Piraten ruderten uns rund um die
Brücke herum, bis wir tatsächlich ein Ende fanden. Oder einen Anfang. Für was
man es hielt hing vermutlich davon ab von welcher Seite man kam. Stufen
reichten bis ins Wasser, wo es eine Art Anlegestelle für Boote gab. Das hieß
dann wohl, dass sich ab hier unsere Wege trennten. Wie wir zurückkommen würden
war auch noch eine Frage, vor allem, da Heinrich beschlossen hatte samt Teppich
auf dem Schiff zu bleiben und darauf zu warten, dass wir uns meldeten. Aber um
diese Frage würden wir uns später kümmern müssen.
Jetzt hieß es erst einmal: Österreich, wir
kommen.
Ahahahaha XD Meine Zuber, herrlich ^^ Den Blick meiner Magierin werd ich auch nie vergessen <.<
AntwortenLöschenMein Gedankengang dazu war so ungefähr "fliegende magische Zuber... wo würden die auch nur halbwegs Sinn machen... Natürlich auf dem Piratenschiff!" xD
LöschenIch glaube die hättest du überall anwenden können... halbwegs Sinn machen die denke ich immer ;)
LöschenBei meiner Geschichte... wahrscheinlich. xD
LöschenDas war mein Gedankengang XD
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