Blue stöhnte und meine Oma zupfte an meiner
Robbe. „Mia, was tust du da?“
„Siehst du die Ziege da nicht? Merkst du
nicht wie seltsam sich Freundschaf aufführt? Damit hat es irgendetwas auf sich,
glaub mir.“
„Hört auf sie“, meinte Blue, der sich anscheinend
etwas gefangen hatte. „Normalerweise hat sie den richtigen Riecher bei sowas.“
Einen Riecher wollte ich gerade jetzt nicht
haben, denn ich ahnte womit wir schießen mussten, um die Ziege zu gewinnen.
„Können wir die nicht einfach kaufen?“,
fragte Blue verzweifelt.
Der Mann schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Aber…“
„Nein. Warum so überarscht? Meine Familie ist
seit Jahrzehnten im Jahrmarktgeschäft. Wir haben unsere Standards. Und
Stan-darts haben wir zwar auch, aber mit denen zu werfen ist langweilig.“
Das hatte ich befürchtet. „Warum sind Sie
nicht auf einem richtigen Jahrmarkt, sondern irgendwo hier im Nirgendwo?“
„Aus irgendeinem Grund verweigern mir alle
Märkte den Zutritt.“
Ich konnte mir vorstellen wieso. „Fangen wir
an, bevor es zu dunkel für weitere Scheißübungen wird“, seufzte ich. „Geben Sie
mir das Ding.“
Ein erneutes Seufzen ging durch unsere Gruppe
als er tatsächlich die goldene Kloppbürste hervorzog. Das hatte ich befürchtet.
Allerdings hatte ich mich damit fast schon abgefunden.
„Du musst den Kackpunkt da treffen“, erklärte
der Mann.
Er deutete auf die Zielscheibe, in deren
Mitte ein gelber Punkt angebracht war. Natürlich. Ein Kackpunkt. Hatte ich etwas anderes erwartet?
Ich legte ein paar Münzen auf den Tresen.
„Geht besser ein paar Schritte zurück“, riet ich den anderen. „Ich werde gleich
schießen.“
„Du meinst wohl scheißen“, flüsterte Hannes.
Meine Oma streckte ihre Hand aus und brachte
ihn auf ihrer Schulter in Sicherheit.
„Oder so“, stimmte ich widerwillig zu.
Genauso widerwillig griff ich nach der
Koppbürste. Also dann. Es half alles nichts. Schießlich wollten wir die Ziege
gewinnen.
„Was für eine schöne Arschsicht“, meinte der
Mann zu mir.
„Hey, pass auf was du sagst.“ Blue hatte eine
Hand an seinen Schwertgriff gelegt und funkelte den Schißstandbesitzer wütend
an.
„Schon gut!“ Er hob entschuldigend die Hände
und trat zur Seite, um mir Platz zu machen.
Okay. Ruhig bleiben. Zielen. Nicht daran
denken was genau ich gerade in der Hand hielt. Ich hatte einen Schitplan und
ich würde ihn umsetzen, egal wie eklig das war. Nervös kackte der
Schißstandbesitzer mit den Fingern und ich versuchte nicht darüber nachzudenken
wie genau er das gemacht hatte.
Ich zielte, schoss, und…
„Keine Sorge. Es passiert jedem Mal, dass er
über das Ziel hinausscheißt“, versuchte mich der Mann zu trösten. „Dieses Spiel
ist sehr hart zu kacken.“
Das glaubte ich ihm aufs Wort. Wohin genau
mein Schuss, äh Schiss, äh… was auch immer geflogen war, wollte ich lieber
nicht wissen.
„Gibt her“, seufzte Blue. „Ich mache das. Ist
doch schießegal wer die 50 Punkte zusammenbekommt.“
"Das musst du nicht machen. Echt
nicht“, versuchte ich ihn halbherzig zu überzeugen. Wenn ich wirklich ehrlich
war, wollte ich doch, dass er das machte.
Blue rollte nur mit den Augen und nahm mir
die Kloppbürste aus der Hand. „Ich habe mit dem Ding schon mal geschissen. Du
nicht. Gib her.“
Da hatten wir auch schon den zweiten Vorteil
des Liebestranks. Er konnte ein echter Gentleman sein, wenn er es darauf
anlegte. Das hier beeindruckte mich weit mehr, als er es in irgendeinem Kampf
gegen Monster je tun könnte.
So schnell wie möglich zog ich mich zurück
und beobachtete alles lieber aus sicherer Entfernung. Blue schien ebenfalls zu
zielen, schiss – und Treffer! Freundschaf gab ein fröhliches „Mäh!“ von sich,
als das braune Geschoss, das aus dem Ende der goldenen Kloppbürste gekommen
war, den gelben Fleck auf der Zielscheibe in einen braunen verwandelte. Igitt.
Das hier war immer noch genauso eklig wie das erste Mal, als wir diese spezielle
magische Waffe gefunden hatten. Dabei hatten wir gehofft sie gut genug
versteckt zu haben, dass sie niemals wieder jemand finden würde.
Immer wieder zielte Blue, immer wieder traf
er ins Gelbe. Nur sehr wenige Schisse gingen daneben. Einer davon war
besonders denkwürdig, denn er traf den Schißstandbesitzer, der sich zur
falschen Zeit am falschen Ort aufhielt. Sein T-Shirt war nun getränkt in
Scheiß. Ihn schien das nicht groß zu stören (vermutlich musste er sowas
regelmäßig ertragen) und so zog er das Shirt einfach aus und warf das zusammengekotete
Kleidungsstück in eine Ecke der Hütte.
Ein weiteres Mal wurde er gegen Ende des
Gewinnspiels getroffen, dieses Mal recht hart. Leicht schwindlig rutschte er
von seinem Schiß und setzte sich zurück auf seinen Platz am Rand des
Schißstands, wobei er ein wenig torkelte. Danach blieb er glücklicherweise
sitzen, seinen Kopf in den Kacken gelegt, und schaute Blue beim Scheißen zu.
Alle atmeten erleichtert auf, als er endlich den fünfzigsten Treffer erzielte.
„Glückwunsch! Welchen Preis hätten Sie
gerne?“, fragte der Schißstandbesitzer.
Blue deutete auf die Ziege.
„Nicht lieber den Panda? Der ist bei den
Damen sehr beliebt“, meinte der Mann.
„Nein, die da bitte.“
Der Besitzer zuckte nur mit den Schultern und
händigte dem glücklichen Gewinner das unscheinbar wirkende Plüschtier aus.
Jetzt war ich gespannt. Wenn wir das alles ganz umsonst durchgestanden hatten,
würde ich den Zeigefinder in den nächsten Fluss werfen, an dem wir vorbeikamen.
„Hier, meine Herzensdame“, meinte Blue und überreichte
mir mit einer leichten Verbeugung die Ziege.
„Ähm… danke. Und danke dafür, dass du das
übernommen hast. Wir würden hier immer noch stehen, wenn ich das hätte machen
müssen.“
Meine Schießkünste mit dem Bogen waren ja
allseits bekannt. Schlecht war ich nicht, nur schien ich besser darin zu sein
diverse Gegenstände zu verschießen, die eigentlich nicht dazu geeignet waren.
Wobei… da müsste ich eigentlich prädestiniert für die Kloppbürste sein.
Um meinen Gedanken nicht weiter nachhängen zu
müssen, nahm ich die Ziege entgegen. Sie sah wirklich sehr lebensecht aus.
„Mäh“, machte Freundschaf und stupste mich
wieder mit seiner Nase an.
Ich hielt ihm die Ziege vor die Schnauze.
Auch diese bekam einen Stups mit der Nase verpasst, ein gruselig anmutendes
Meckern erklang und plötzlich stand eine echte, lebendige Ziege vor uns und
stupste Freundschaf zurück.
„Ich nehme mal an du bist die Einziege“,
sagte ich zu dem Tier, das in unserer Mitte erschienen war.
Die Ziege meckerte bestätigend, was ich mal
als Ja nahm. Freundschaf schien jedenfalls so aufgedreht zu sein wie selten
zuvor. Es ließ eine ganze Folge von „Mäh, mäh, mähs“ hören und sprang um seine
Freundin herum wie ein junges Lämmchen.
„Na immerhin hat sich der Blödfug gelohnt“,
meinte Blue.
„Ich habe auch Andenken“, ließ der
Schißstandbesitzer plötzlich vermelden. „Hier, künstliche Kacke zum Beispiel.“
Er hielt uns einen Plastikhaufen hin. Seine Fingerknöchel
traten weiß hervor, so fest krallte er sich in die Kacke. Anscheinend war er
noch nicht ganz darüber hinweggekommen, dass sich vor seinen Augen einer seiner
Preise in eine lebendige Ziege verwandelt hatte.
„Ich habe auch portable Klos, falls ihr mal auf
Reisen seid. Das sind so Pappklos für unterwegs. Ein paar davon wurden mir
schon mal gestohlen, zehn Stück“, meinte er.
„Wer klaut denn Klokisten?“, flüsterte
Hannes entgeistert.
„Da sind sie wohl mit zehn Klos zu viel
gestartet“, meinte ich. „Ich kann mir nicht vorstellen wozu man die haben
wollen würde.“
„Vielleicht für Notfälle“, mutmaßte meine
Oma.
„Genug von dem Gerede über Klos und Schiss!
Ich habe genug davon für den Rest meines Lebens. Danke für das Angebot mit den
Andenken, aber ich bin froh, wenn ich diesen Vorfall so schnell wie möglich
wieder vergessen kann“, entschied Blue schisslich.
Ich konnte ihm nur von Herzen zustimmen.
Nachdem wir uns von dem Schißstandbesitzer verabschiedet hatten, machten wir
uns auf den Weg zurück nach Romantika – zusammen mit der Einziege, die sich in
verschiedensten Mäh- und Meckerlauten mit Freundschaf zu unterhalten schien.
Hahaha XD Herrlich, wieder ein Scheißkapitel ^^ Dieses Mal allerdings ohne direkte Vorwarnung, auch wenn man es nach dem Wink mit der Kloppbürste sich hätte denken können <.<
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