Ein Schrei dröhnte mir so laut in den Ohren, dass ich
die Hände von Blue und Oma losließ, um stattdessen meine Ohren zu bedecken.
Eine Frau schrie erneut, dann hörte ich ein „Mäh“ an meiner Seite und eine
Schafsnase stupste mich an.
Vor meinen Augen setzte sich der Raum wieder zusammen.
Die Farben verschmolzen zu Menschen und einem Raum, der mir sehr bekannt
vorkam. Hier war der Große Rote Knopf des Verderbens aufgestellt gewesen. Hier
hatte unsere Mission so richtig begonnen. Und dort hinten rannte die Frau durch
eine offene Tür, die wir so schrecklich mit unserem plötzlichen Auftauchen
erschreckt hatten. Um fair zu sein würde ich mich vermutlich auch erschrecken,
wenn auf einmal eine Gruppe Fremder und an die hundert Schafe direkt vor meinen
Augen aus dem Nichts auftauchten.
„Alles in Ordnung?“, fragte meine Oma.
Sie hielt mir einen Arm hin, den ohne Hand, da ihre
andere ihren Starb umklammerte. Sie hatte alle Finger. Ein kurzer Blick sagte
mir, dass auch ich wieder vollständig war, genau wie Blue, der immer noch mit
geschlossenen Augen neben mir kauerte.
„Alles okay. Blue? Du kannst die Augen wieder
aufmachen.“
Er bewegte erst ein Augenlid, dann das andere. Dann
rappelte er sich auf und streckte Arme und Beine. „Das war gruselig.“
„Die Schafe sind auch alle da.“ Wie Phoenix so schnell
hatte zählen können, wusste ich nicht, aber erleichtert war ich trotzdem. „Dann
hoffen wir mal unser Schreihals ist zu mehr gut als Krach machen und sagt
irgendjemandem Bescheid. Der Knopf ist offensichtlich nicht hier.“
Das Podest war tatsächlich leer. Stimmt. Die ML hatte
ja erzählt die Eyebros hätten auch angefangen zu streiken und der Knopf sei in
einen Keller oder sowas verlegt worden. Aber jetzt hatten wir die Freundschafe.
Blieb nur zu hoffen, dass sie tatsächlich immun waren.
„Oh Gott, oh Gott, oh Gott, ohgottohgottohgottohgott…“
Das hörte sich verdächtig nach unserem Pilzeimajor an.
Und da kam er auch schon, mit zitternden Schnurrbartenden voran, durch die Tür
gestürmt, durch die die schreiende Frau eben verschwunden war.
Als er die ganzen
Schafe sah, die ihn aus treumütigen Augen anglotzten, rieb er sich erst
einmal durch das Gesicht, machte die Augen zu, rieb noch einmal und starrte
dann genauso entgeistert in den Raum wie zuvor.
„Wir sind wieder da“, merkte Oma an, als er immer noch
kein Wort herausbrachte.
„Oh.“ Endlich entdeckte er uns zwischen den Schafen
und bahnte sich einen Weg durch die Wolle. „Oh.“ Sein Schnurrbart zitterte
wieder. Der arme Kerl sah aus als würde er gleich in Tränen ausbrechen.
„Und das hier ist die Verwandtschaf von Freundschaf.
Wir hoffen die sind auch immun, also können Sie den Großen Roten Knopf des
Verderbens holen und wir testen das Ganze“, meinte Oma.
„Oh. Habt ihr es denn noch nicht mitbekommen?“ Der
Schnauzer zitterte noch mehr, wie die Nadel eines Seismographen vor dem großen
Erdbeben. „Es ist schon zu spät.“
„Wie, zu spät. Was ist zu spät?“ Blue sah sich im Raum
um. „Was ist los?“
„Der Knopf wurde schon gedrückt und alle Geschichten
wurden gelöscht“, erklärte der Pilzeimajor. Seine Hände zitterten nun genauso
stark wie sein Schnurrbart. „Wir hatten ihn im Keller hier versteckt. Man
könnte fast schon sagen Kerker. Mit Ketten und Schlössern und allem drum und
dran. Aber… es ist eben der Große Rote Knopf des Verderbens und der lässt sich
nicht einfach wegsperren. Die Schlüssel wurden gestohlen…“
„Habt ihr denn nicht besser darauf aufgepasst?!“,
brüllte Blue und der arme Major zuckte zusammen.
„Dummerweise war das diebische Tierchen
sehr Fink. Der Fink ist einfach durch einen winzigen Spalt im Fenster
geflattert und hat die Schlüssel direkt aus meinem Schreibtisch geklaut. Und
dann… hat eine Schuldkröte den Großen Roten Knopf des Verderbens gedrückt.“ Er
seufzte schwer.
„…
eine Schuldkröte?“
„In
diesem Fall ist die Bezeichnung durchaus korrekt. Aber man kann ihr keine
Vorwürfe machen. Der Sog des Knopfes ist einfach zu groß. Aber die
Konsequenzen…“
„Wir
waren gerade erst in Österreich! Als wir dort losge…“ Blue stockte als er daran
scheiterte das Transportmittel in Worte zu fassen, das wir gerade benutzt
hatten. „…da war noch alles in bester Ordnung!“
Der
Pilzeimajor schüttelte den Kopf. „Es ist wie eine Welle. Das Desaster breitet
sich von dem Punkt aus, an dem es ausgelöst wurde. Die Nachbarregionen sollten
in ein paar Minuten betroffen sein. Aber hier… schaut selbst!“
Er
schritt voran und stieß die Doppeltür mit Schwung auf. Alle starrten wir ihm
hinterher ohne einen Schritt zu tun.
„Und
das war’s jetzt einfach?“, fragte Hannes kleinlaut. „Die ganzen Geschichten
sind einfach weg? Und alles, was wir durchgemacht haben, war umsonst?“
„Ich
gebe nicht einfach so auf!“ Blue stellte sich etwas gerader hin und ballte
seine wieder vorhandenen Fäuste. „Der bildet sich das nur ein. Oder wir können
es doch noch stoppen, oder…“
„Mäh“,
machte Freundschaf und stupste meine Hand an.
„Ich
glaube wir sollten uns erstmal ein Bild von der Lage machen“, murmelte ich und
wagte es die paar Schritte hinter dem Direktor her zu gehen.
Als
noch alle Leute angestanden hatte, um ihr Glück mit dem Knopf zu versuchen, war
mir der Weg länger erschienen. So dauerte es keine Minute bis wir alle draußen
standen und in eine dichte Nebelsuppe blickten, die das gesamte Gebäude
umwaberte. Ein wenig erinnerte es mich an die milchige Folie, die ich eben noch
so lange vor Augen gehabt hatte. Das ließ mich fast mehr schaudern als die
plötzliche Kälte, die über allem lag.
„Wo
kommt der ganze Nebel her?“ Blue schaute sich zu allen Seiten um.
Es war
nicht so, dass man seine Hand vor Augen nicht mehr sah. Vielmehr schien es als
würde ein milchiger Schleier über allem liegen, die Umrisse verzerren und alles
ein wenig farbloser machen, als es vorher gewesen war. Sogar die lila Robbe
meiner Oma sah fast grau und langweilig aus.
„Das
ist kein Nebel“, korrigierte der Pilzeimajor uns. „Das sind Nebelschaden. Sie
sind aus dem Knopf geströmt sobald er gedrückt wurde. Auch als ich versucht
habe ihn wieder zurückzudrücken hat es keinen erkennbaren Unterschied gemacht –
nicht, dass ich es lange geschafft hätte dem Drang zu widerstehen danach
nochmal auf den Knopf zu drücken.“ Er räusperte sich. „Alles, was sie berührt
haben, wird… so.“ Er gestikulierte in die graue Welt. „Wir vermuten er könnte
sich lichten, sobald einmal die ganze Welt davon bedeckt war. Aber bis dahin…“
Er seufzte. „Bis dahin sind alle Geschichten verschwunden.“
„Wie
genau verschwunden?“
Der
einzige, der nicht sprachlos genug war, um das zu fragen, war Hannes.
Der
Pilzeimajor winkte uns, ihm wieder nach drinnen zu folgen. Dort schien er
wahllos aus einem der Regale ein Buch zu greifen und hielt es uns hin. Ich war
die erste, die es in die Hand nahm. Gleich am Anfang fiel mir auf, dass es
keinen Titel hatte. Mein Kopf schien zu wissen, dass dort einmal einer auf dem
grünen Einband gewesen war, doch ich konnte ihn nicht sehen, mir nicht einmal
mehr vorstellen. Als ich das Buch aufschlug, waren die ersten Seiten weiß. Ich
blätterte weiter, schneller und schneller. Alles weißer Schnee, nie
beschrieben, nie erdacht, nie gewesen.
Ich
drückte das mir unbekannte Buch an meine Brust als könnte ich es irgendwie
wiederbeleben. Blue hatte die Hand nach einem anderen Buch aus dem Regal
ausgestreckt und Oma und Phoenix blätterten in anderen, die Gesichter genauso
blank wie die Seiten.
„Sind
die alle so?“ Meine Stimmte erkannte nicht einmal ich wieder. Sie klang als
hätte sie jemand durch eine Nudelmaschine gedreht, irgendwie platt, tonlos und
winzig.
„Ja.“
Das eine Wort des Pilzeimajors war fast ein Schluchzen. „Und niemand erinnert
sich mehr an die Geschichten. Ich kann dir nicht einmal mehr sagen wie mein
Lieblingsbuch hieß. Ich kann dir nicht einmal sagen worum es ging.“
So
vorsichtig wie mit einem Neugeborenen legte ich das Buch mit dem grünen
Umschlag zurück ins Regal und schloss sanft den Deckel. Es kam mir vor wie ein
Kriegsgefallener. Falls das so weiterging, würden mir Bibliotheken wohl wie
Friedhöfe vorkommen.
„Alles
weg.“ Meine Oma klang ungläubig und stütze sich auf ihren Starb, der ihr in
dieser Situation einmal nicht helfen konnte. „Alles umsonst.“
„Ich
kenne meine eigenen Geschichten nicht mehr.“ Blue klang genauso ungläubig.
„Selbst die Geschichten, die ich diesen November erst geschrieben habe.“
Als
ich in meinem Kopf forschte, bemerkte ich, dass es mir genauso ging. Ich wusste
nicht, welche Geschichte ich vor keinem Monat geschrieben hatte. Es gab nur das
undeutliche Bild eines weißen Bunnys mit bläulich schimmerndem Fell und großen
Augen, nur ein Loch in meiner Brust, wo einmal eine Geschichte gewesen war. Und
ich wusste, dass nur ein leeres Dokument auf meinem Laptop sein würde, wo
vorher Wörter gewesen waren.
„Wie
konnten wir nur versagen?“, flüsterte ich. „Warum konnten wir nicht ein kleines
bisschen schneller sein?“
Ich
dachte zurück an unsere Reise. An all die Momente, in denen wir ein bisschen
schneller hätten gehen können. In denen wir uns ausgeruht hatten, wo wir hätten
weitergehen können. In denen wir gefeiert hatten, oder gegessen, oder gesegelt
waren, oder einer falschen Fährte gefolgt waren. Alle zusammengenommen, hätte
es gereicht, um schnell genug zu sein? Hätte es gereicht, um die Geschichten zu
retten?
„Ich
vermisse auch andere Sachen“, meinte meine Oma plötzlich. „Erinnert ihr euch
was im Legendenwald passiert ist?“, fragte sie. „Erinnert ihr euch an die
Geschichten? Und Hannes, erinnerst du dich an das Märchen vom Froschkönig?
…oder war es der Froschprinz? Oder bist das du…?“
Sie
schien den Faden zu verlieren, aber ich wusste was sie meinte. Alles, was mit
Geschichten zu tun hatte, verschwamm vor meinem inneren Auge. Und hier hatte
Vieles mit Geschichten zu tun.
„Was
ist mit den Charakteren passiert, die in Geschichten vorkommen? Bitte sagen Sie
mir die sind nicht auch…!“ Ich schaute Hannes an als könnte er gleich
verschwinden. Und so gesehen waren auch wir nur Charaktere in Stephs
Geschichte. Erinnerte sie sich noch an uns? Reichte der Nebel bis in die
Realität? Oder versanken wir gerade langsam im Nebel des Vergessens?
„Soweit
ich weiß ist niemand verschwunden. Allerdings…“ Der Pilzmajor strich sich über
den Schnauzer. „Allerdings erinnern sich einige Leute nicht mehr daran wer sie
sind, oder was sie in ihrem Leben gemacht haben. Andere erinnern sich, aber
niemand erinnert sich an sie. Es ist das absolute Chaos.“
Das
glaubte ich gerne. Für ein Land, das aus Geschichten bestand, war es als hätte
jemand das Fundament mit einem Mal abgerissen und alle stürzten ins Leere.
Wie
hieß mein Bunny? Die Geschichte, mit der ich mich einen Monat lang beschäftigt
hatte? Mit der ich durch das halbe NaNo-Land gereist war und die so friedlich
auf meinem Laptop eingeschlafen war?
„Es
ist alles weg. Alles, was je geschrieben wurde…“ Ich sank auf den Boden, da es
mir unmöglich geworden war, mich auf den Beinen zu halten. Ich konnte praktisch
fühlen wie sich die Leere weiter in meinen Gedanken ausbreitete und all die
Geschichten verschlang, die noch nicht ganz verschwunden waren. „Wie halten die
Leute das aus?“
„Gar
nicht.“ Der Pilzeimajor zuckte mit den Schultern. „Wir geben schon Mietkatzen
zur Beruhigung raus, um allen über den Verlust der Plotbunnys und der
Geschichten hinwegzuhelfen. Aber natürlich sind Katzen zwar flauschig, aber
eben keine Bunnys.“
„Irgendetwas
müssen wir doch tun können!“ Hannes sah in die Runde. „Leute, es gibt immer
irgendetwas, das man tun kann!“
„Das
Richtgnu vielleicht?“, meinte Oma nachdenklich. „Das richtet Sachen, die
schiefgegangen sind.“
„Ja,
einen verstauchten Knöchel vielleicht. Oder eine Geburtstagsfeier, die nach
hinten losgegangen ist.“ Phoenix hatte den seltsam leeren Blick aufgesetzt, den
ich auch in meinem Gesicht vermutete. „Das wird nicht reichen.“
Etwas
rührte sich in meinem Hinterkopf. Eine Geschichte? Etwas von unserer eigenen
Geschichte, das ich schon fast vergessen hatte?
„Mäh“,
machte Freundschaf, das im Gang aufgetaucht war, seine Verwandtschafe im
Schlepptau. Es stupste meine Hand leicht mit seiner Schnauze an.
„Das
Kloster der Wunder!“ Ich schrie so laut, dass Blue zusammenfuhr. Gut so, der
hatte angefangen den Boden etwas zu eindringlich zu betrachten. Und noch war
nicht alles verloren. „Wenn das NaNo-Land jemals ein Wunder gebraucht hat, dann
jetzt.“
„Natürlich!
Wie konnte ich das nur vergessen.“ Oma stellte sich etwas gerader hin, richtete
ihren Hut und griff dann wieder nach ihrem geblümten Regenschirm.
Blue
streckte ihr ihre Hand entgegen, die neben ihm auf dem Boden gehockt hatte.
„Danke,
kein Junge.“
„Wie
kommen wir hin?“, fragte Hannes. „Ist hier noch ein Fakir mit Teppich? Oder
funktioniert der gesunde Menschenversand noch? Funktioniert irgendwas?“
Der
Pilzeimajor schüttelte den Kopf. „Die Teppiche fliegen nicht mehr. Sie sind nur
geflogen, weil Geschichten in ihre Fasern eingewoben waren. Und ohne
Geschichten…“
„Und
der gesunde Menschenversand?“ Dass ich das einmal fragen würde…
„Wenn
ihr Glück habt, vielleicht schickt euch einer der Mitarbeiter los. Die sind
eigentlich immer noch am Streiken, aber…“
„Immer
noch?“ Die Wut in Blues Gesicht war fast besser als die Leere. Aber nur fast.
„Wie können sie es wagen, nach allem, was passiert ist? Alle Geschichten sind
gelöscht, nur wegen des dämlichen Streits!“
„Nun
ja… hätte sich der Rat entscheiden können das Gehalt zu erhöhen, wäre das auch
nicht passiert. Aber die prügeln sich ja lieber“, grummelte der Pilzeimajor.
„Und das Gehalt ist wirklich unter aller Sau. Ich würde ihnen keine Vorwürfe
machen.“
„Mmh“,
machte Blue nur und verschränkte die Arme vor der Brust. „Falls die uns nicht
losschicken, dann können dir was erleben.“
„Mäh“,
machte Freundschaf.
„Bleiben
Sie hier und warten auf unsere Rückkehr. Und behalten Sie die Schafe im Auge.“
„Äh…“
„Määähh“,
machte Lichtschaf und begann am Hosenbein des Pilzeimajors zu knabbern. Hinter
ihm kamen gerade die Anhängerschafe mit Weltherrschaf um die Ecke.
„Vor
allem das da“, fuhr meine Oma fort und deutete auf Weltherrschaf. „Das da will
die Weltherrschaft übernehmen.“
„Äh…“
Viel
besser konnte man es wohl nicht erklären, also folgte ich ihr nach draußen und
in Richtung der Station des gesunden Menschenversands. Es war immer noch
niemand zu sehen und mit dem ganzen Nebel lief mir deshalb ein Schauer den
Rücken hinunter.
Auch
die Station war vollkommen verlassen – bis auf zwei Mitarbeiter, die an einem der
Schalter lehnten. Ein Mann blätterte gedankenverloren in einem Buch und schien
zu versuchen sich die Tränen zu verkneifen. Ein Mädchen saß in einem
Schreibtischstuhl und stieß sich immer wieder mit den Füßen von einem Tischbein
ab und drehte sich rundherum, rundherum.
„Entschuldigung?“
Oma räusperte sich vernehmlich. „Wir würden gerne ins Kloster der Wunder
reisen.“
„Tut
mir leid, wir haben geschlossen.“ Der Mann sah nicht einmal von seinem Buch
auf, sondern kniff die Augen zusammen, als würden so vielleicht die Buchstaben
wieder auftauchen.
„Dann
macht für uns wieder auf.“ Diesem Befehlston meiner Oma widersprach man
normalerweise nicht. Der Mann sah auf, das Mädchen hörte auf sich mit dem Stuhl
zu drehen.
„Tut
mir leid, Lady. Aber das sind unsere Vorschriften. Wir können nicht einfach
willkürlich jemanden durch die Röhren schießen. Wir…“
„Hören
Sie mal.“ Oma griff den Starb fester. Oh-oh. „Wir versuchen die Wirkung des
Großten Roten Knopfs des Verderbens wieder rückgängig zu machen und dazu
brauchen wir ein Wunder. Also schießen Sie uns durch die Rohre, oder leben Sie
damit, dass es im NaNo-Land keine Geschichten mehr geben wird. Vielleicht
niemals wieder.“
Der
Mann schluckte, das Mädchen klammerte sich an die Tischkante.
„Na
gut“, meinte der Mann schließlich und das Mädchen nickte. War sie vielleicht
seine Assistentin, oder eine Praktikantin oder sowas? „Aber wir übernehmen
keine Verantwortung dafür, dass sie eventuell an der falschen Ecke rauskommen,
oder in einer Sackgasse zerschellen.“
Jetzt
war es an mir zu schlucken und mich an meiner Robbe festzuklammern, die empört
schnaubte.
„Ich
weiß nicht wann das letzte Mal jemand Wartungsarbeiten an der Strecke
vorgenommen hat. Manchmal werden auch die Rohre miteinander verbunden, oder
verschoben, um neue Wege zu öffnen. Normalerweise wird das in unserem System
vermerkt, aber in den letzten Wochen war der Betrieb eben stillgelegt. Es kann
also sein, dass wir nicht auf dem neusten Stand sind…“
„Hat
damit irgendjemand ein Problem?“ Oma drehte sich um und musterte einen nach dem
anderen. „Es müssen auch nicht alle gehen. Es reicht vielleicht, wenn eine
Handvoll von uns gehen und nachfragen. Aber Freundschaf sollte vielleicht mit;
die Nonnen mögen es.“
„Mäh“,
machte Freundschaf und stellte sich neben meine Oma.
„Ich
komme auch mit.“ Ich mochte zwar den gesunden Menschenversand nicht und die
Vorstellung an einer Wand zu zerschellen war auch nicht sonderlich toll, aber
ich wollte meine Geschichte wiederhaben.
„Mias
Gesicht lasse ich mir garantiert nicht entgehen!“ Blue hatte sein Grinsen
wiedergefunden.
„Ich
habe das Kloster noch nie gesehen“, meinte Hannes. „Ein weiteres Reiseziel wäre
dann wohl abgehakt. Und vielleicht kann ich fragen, ob sie ein Wunder für mich
haben, um mich zurückzuverwandeln. Wer weiß das schon.“
„Ich
bleibe bestimmt nicht mit dem Pilzkopf da hinten zurück. Da wird man ja total
depressiv.“ Phoenix schüttelte den Kopf. „Ich bin zwar tot, aber so schwarz
sehe ich für die Zukunft dann auch wieder nicht.“
„Das
wäre dann wohl geklärt.“ Oma lächelte. „Schicken Sie uns los.“
Den
beiden Mitarbeitern war während der Reden der Mund aufgeklappt, aber die zwei
legten sich sofort ins Zeug, um alles zum Laufen zu bringen. Das gut war, dass
wir die einzigen Kunden waren. Während der Vorbereitungen versuchte Oma mit Mr.
Ian Woon über die Gedankenspinne zu kommunizieren, aber das erste Mal seit wir
sie bekommen hatten funktionierte sie nicht. Sie weigerte sich einfach stur
Kontakt aufzunehmen.
„Die
funktioniert wohl auch über Geschichten“, vermutete Oma, seufzte und steckte
die Spinne zurück in ihre Robbentasche. „Dann hoffen wir einfach das Beste.“
Wir
bekamen sogar eine Deluxe-Kabine, weil sonst niemand unterwegs war. Also würden
wir immerhin mit Stil zugrunde gehen. Gut zu wissen.
Wow, du hast es auf jeden Fall geschafft das ganze weit grusliger darzustellen als wir uns das gedacht haben... jetzt lach ich darüber auf jeden Fall nicht mehr, das ist ja eine schlimmere Vorstellung als jede Dystopie.
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